Quantcast
Channel: Aktion Mensch-Blog
Viewing all 340 articles
Browse latest View live

Noch kein inklusives Berufsleben

$
0
0

Drei Arbeiter sortieren Metallteile

Während über den Aufschwung am allgemeinen Arbeitsmarkt gejubelt wird, sind Menschen mit Behinderung nach wie vor überdurchschnittlich häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Fast 100 Tage länger suchen sie im Durchschnitt nach einer Stelle als ihre Mitbewerber ohne Behinderung. Das haben die Aktion Mensch und das Handelsblatt Research Institute im Inklusionsbarometer Arbeit 2014 festgestellt – und liefern damit erstmals auch Vergleichszahlen zum Vorjahr.

Arbeit dient nicht nur dem Lebensunterhalt, Arbeit verschafft uns auch einen Platz in der Gesellschaft und bringt soziale Anerkennung. Das trifft auf Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen zu. Menschen mit Behinderung haben es bei der Jobsuche jedoch weitaus schwerer. Im Berufsleben kommt Inklusion nur äußerst schleppend voran. Das Inklusionsbarometer der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institute veranschaulicht, warum die Entwicklung stagniert und macht Fort- und Rückschritte messbar. 2013 gab es die erste bundesweite, repräsentative Umfrage zur Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung. Nun folgt die zweite Auflage. Damit ist erstmals ein Vergleich möglich.

Es zeigt sich: Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich für Menschen mit Behinderung innerhalb eines Jahres nicht verbessert. Die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderung ist sogar trotz des Aufschwungs am allgemeinen Arbeitsmarkt um 3.000 auf 179.000 Menschen angestiegen. Auch der Anteil an Langzeitarbeitslosen mit Behinderung ist gewachsen. Ebenso hat sich das Inklusionsklima bei Arbeitgebern, also die Bereitschaft zur Einstellung von Menschen mit Behinderung, gegenüber dem Vorjahr etwas abgekühlt.

Inklusion weniger stark vom Wohlstand abhängig

Neu ist eine Regionalisierung des Barometers: Demnach ist Inklusion weniger stark vom Wohlstand einer Region abhängig. Ostdeutschland, das bei den Wirtschaftsleistungen pro Kopf in der Bundesrepublik Schlusslicht ist, ist bei der Inklusionslage vorn, d.h. es werden dort mehr Menschen mit Behinderung eingestellt. Baden-Württemberg, eigentlich ökonomisch stark, findet sich am Ende der Ergebnisse wieder.

Zum ersten Mal wurden in diesem Jahr auch Personalverantwortliche in Unternehmen ab 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befragt, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Die genannten Gründe sind wenig überraschend: mangelnde Barrierefreiheit, keine adäquaten Stellen, keine passenden Bewerber. Stattdessen zahlen die Unternehmen die gesetzliche Ausgleichsabgabe. Rund 60 Prozent aller Arbeitgeber in Deutschland bleiben unterhalb der geforderten Einstellungsquote für Menschen mit Behinderung von fünf Prozent. Oft kennen die Arbeitgeber die staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten nicht.

Barrieren in den Köpfen

Bewegung am Arbeitsmarkt ist auch in Zukunft nicht abzusehen: Nur zehn Prozent planen, in den kommenden zwei Jahren die Quote in ihrer Firma erhöhen. Jedoch gibt der Erfolg inklusiv arbeitenden Firmen Recht. 77 Prozent von ihnen sehen keine Leistungsunterschiede zwischen Berufstätigen mit und ohne Behinderung.

Meist sind es mehrere Faktoren, die die gleichberechtigte Teilhabe auf dem ersten Arbeitsmarkt verhindern. Barrieren in den Köpfen scheinen aber das größte Hindernis zu sein. Wenn Arbeitgeber, Personalverantwortliche und Beschäftigte Behinderung nicht mehr als Problem, sondern als Chance wahrnehmen, wenn sie nicht zuerst Defizite, sondern Fähigkeiten sehen, dann ist der wichtigste Schritt getan.

 

Linktipps:

Das komplette Inklusionsbarometer Arbeit 2014 von Aktion Mensch und Handelsblatt Research Institute (PDF)

Ein Faktenblatt zum Inklusionsbarometer Arbeit 2014 und weitere Infos finden Sie in unserem Pressebereich

Zahlen & Fakten zum Arbeitsmarkt in Deutschland

„Meine Mitarbeiterinnen unterstützen mich sehr“. Blogbeitrag von Ulrike Jansen über das erste Inklusionsbarometer Arbeit 2013

Pioniere des „Budget für Arbeit“ bauen berufliche Brücken. Blogbeitrag von Michael Wahl über Fördermöglichkeiten für Arbeitnehmer mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt

Der Fall – oder: Wenn man uns ließe! Blogbeitrag von Anastasia Umrik über Hürden und Pauschalisierungen bei der Jobsuche

„Wir haben einen Instrumentenkoffer“. Interview von Bianca Pohlmann mit Monika Labruier über Inklusion am Arbeitsplatz

Infografik aus dem Inklusionsbarometer 2014

(Redaktion )


Wiedersehen nach 30 Jahren

$
0
0

Einige Rollstuhlfahrer auf einer Straße im Wald

In „Faschingskinder“ erzählt Filmemacher Gunther Scholz die Wiederbegegnung mit den Protagonisten aus seiner Dokumentation von 1981 über den Kindergarten der Ost-Berliner Schule für Körperbehinderte – ein Blick in den Alltag von Menschen mit Behinderung zwischen Ost und West.

Filme über ein Ereignis in der Vergangenheit werden häufig nach einem einfachen Strickmuster gedreht: Man schneidet ein paar alte Schnipsel zusammen und lässt darüber dann mehr oder weniger relevante Experten diskutieren. Das Ergebnis ist oft durchaus informativ, aber leider ebenso oft ein bisschen vorhersehbar und deshalb langweilig.

Als dem Berliner Filmemacher Gunther Scholz 2007 sein eigener DEFA-Dokumentarfilm „An einem Februarvormittag“ von 1981 in die Hände fiel, entschied er sich bewusst für einen anderen Weg der filmischen Aufarbeitung. Er holte acht der 15 Protagonisten von damals erneut vor die Kamera und drehte mit ihnen einen neuen Film. Heraus kam „Faschingskinder“, eine 87-minütige Wiederbegegnung nach über 30 Jahren – und ein Blick in den Alltag von Menschen mit körperlicher Behinderung zwischen Ost und West. Der sehenswerte Streifen hat am 8. Dezember festliche Premiere im Kino Babylon in Berlin Mitte.

Geschichten der damaligen Mitwirkenden weitererzählen

In „An einem Februarvormittag“ im Jahr 1981 waren sie Fliegenpilz, Clown oder Rotkäppchen. Der kurze Dokumentarfilm der DEFA, nur 7 Minuten lang, erzählt von ihrer Faschingsfeier im Kindergarten der Ost-Berliner Schule für Körperbehinderte. Der Film zeigt rund 15 Kinder mit unterschiedlichen körperlichen Behinderungen bei verschiedenen Beschäftigungen zum Karneval. Die Kinder werden von pädagogischen Fachkräften betreut, ihnen wird je nach Bedarf und Situation Hilfestellung gegeben. Der Film lief im selben Jahr im Eröffnungsprogramm der Leipziger Dokumentarfilmwoche und 1982 dann auch im Kurzfilmwettbewerb bei der Berlinale.

Der Film entstand im damaligen Jahr der Behinderten auf Initiative des Regisseurs. Die Realisierung erfolgte außerhalb der staatlichen Strukturen, aber mit technischer Hilfe bei den DEFA-Studios und wurde vom Kulturfonds der DDR finanziert.

2007 hatte Scholz die Idee, nach den damaligen Mitwirkenden zu suchen, um ihre Geschichten weiterzuerzählen. Mit Hilfe der DEFA-Stiftung gelang es ihm, die meisten von ihnen zu finden. Die Idee des Weitererzählens konnte aber lange nicht verwirklicht werden. Mehrere angesprochene TV-Sender hatten kein Interesse an einem „Behinderten-Stoff“. Scholz wandte sich über den Kulturverein Weißensee e.V. an die Aktion Mensch, die ihn schließlich im Rahmen ihrer Förderung bei der Finanzierung des Filmes wesentlich unterstützte.

Alltag, Probleme und Freuden

Die Hauptdarsteller, damals im Kindergartenalter, sind heute Mitte bis Ende 30, ihre körperlichen Behinderungen haben sich meist verfestigt. Acht von ihnen, alle körperlich behindert seit Geburt, werden im Film porträtiert. Einige arbeiten in Vollzeit, andere in Behindertenwerkstätten oder sind – wie heutzutage leider üblich – auf der Suche nach Praktikumsplätzen. Sie lassen den Zuschauer teilnehmen an ihrem Alltag, an Problemen und Freuden.

Andrea zum Beispiel freut sich auf ihren 40. Geburtstag, Alex spielte mal Basketball in der Rollstuhl-Bundesliga und fährt Auto, Katrin sortiert den ganzen Tag Briefe und möchte gern noch ein Kind, Maryla sollte nur 7 Jahre alt werden und ist jetzt Geschäftsführerin bei einem Reiseveranstalter. Daniel trainiert Aikido, Thomas ist nun schon einige Jahre mit Ilka verheiratet, die sich wie er im Rollstuhl fortbewegt, Andreas möchte gern arbeiten und gebraucht werden, und Annett hat die Hoffnung, vielleicht nach über 20 Jahren doch wieder ein wenig laufen zu können.

„Sie leben mitten unter uns. Wir wissen wenig über ihr Leben, ihre alltäglichen kleinen und großen Sorgen, ihre Schwierigkeiten, die Niederlagen und Erfolge“, beschreibt Scholz, was er selbst während der Dreharbeiten lernte. „Mitleid wollen und brauchen sie nicht. Unsere Toleranz und mehr Verständnis für ihre Probleme aber kann ihnen helfen – jeden Tag, auf der Straße, in Verkehrsmitteln, überall, wo wir ihnen begegnen. Und manchmal brauchen sie auch unsere Hilfe.“

Inklusive Premiere in Berlin

„Faschingskinder“ hat festliche Premiere am Montag, 8. Dezember, um 19.30 Uhr im Kino Babylon an der Rosa-Luxemburg-Straße 30 in Berlin-Mitte. Neben Gunther Scholz und allen Darstellern sind die Leiter der Berliner und Brandenburger Sozialverbände eingeladen, nach dem Film mit den zu bis 500 Zuschauern ins Gespräch zu kommen.

Das Babylon präsentiert sich an diesem Abend besonders: „Wir wollen aus der Premiere wirklich eine schöne, eine inklusive Veranstaltung machen“, verrät Gunther Scholz. „Der rote Teppich für die Hauptdarsteller, das Team und das Premierenpublikum wird um das Kino herum zum Seiteneingang verlegt, weil nur dort Rollstuhlfahrer über eine Rampe ins Kino gelangen können: An diesem Tag soll es der Eingang für alle sein.“

Wie es nach der Premiere mit Faschingskinder weitergeht, ist leider ungewiss. Noch immer sucht Gunther Scholz einen Verleiher, der einen bundesweiten Vertrieb des Films möglich macht. „Erste Kontakte blieben bislang ohne Erfolg“, so Scholz. „Filme über Behinderte haben es an der Kinokasse eben schwer.“

 

Karten für die Premiere am Montag, 8. Dezember, um 19.30 Uhr kosten neun Euro und sind direkt im Kino Babylon an der Rosa-Luxemburg-Straße 30 in Berlin-Mitte oder unter babylonberlin.de erhältlich. Reservierungen sind leider nicht möglich.

Über Anfragen zum Film freut sich Gunther Scholz per E-Mail über carnivalchildren@gmx.de oder foerderverein@kwei.de.

 

Linktipps:

Mal anders betrachtet. Blogbeitrag von Ulrich Steilen über den Kurzfilm 46/47, der die Perspektive wechselt: „normal“ ist, wer 47 Chromosomen hat

Solche Filme können Türen öffnen. Blogbeitrag von Margit Glasow zum Dokumentarfilm „Body and Brain“ über das Leben des Schauspielers Peter Radtke

„Mein Weg nach Olympia“. Blogbeitrag von Ulrich Steilen über Nico von Glasows Film, der Sportlerinnen und Sportler auf ihrem Weg zu den Paralympics begleitet

The Sessions: Optimistisch und warmherzig. Blogbeitrag von Margit Glasow über eine unbekannte Welt im Kino

Filmreife Behinderung. Blogbeitrag von Raúl Krauthausen über die Darstellung von Behinderungen im Film

Mobile Innovationen

$
0
0

Apps auf einem Smartphone-Bildschirm

Zukunftskongress „Inklusion 2025“ – Thema: „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“

Smartphones und unzählige Apps erleichtern vielen Menschen das Leben. Mit einem kurzen Tippen oder Wischen lässt sich manches schneller erledigen als noch vor einigen Jahren. Für Menschen mit Behinderung bedeutet diese Weiterentwicklung im Alltag oft eine Herausforderung, birgt jedoch auch großes Potenzial für mehr Selbstständigkeit.

In Meetingpoints werden beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“ zukunftsträchtige Projekte vorgestellt. Matthias Lindemann arbeitet als IT Consultant bei der Corporate Technology (CT), einem Forschungs- und Entwicklungszweig der Siemens AG. Dort ist er insbesondere für die Entwicklung barrierefreier Produkte zuständig. Er selbst hat eine Sehbehinderung. Auf dem Zukunftskongress wird Matthias Lindemann im Themenbereich „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“ anzutreffen sein und in einem der Meetingpoints seine neuen Entwicklungen vorstellen.

 

Apps für mehr Barrierefreiheit

Interview mit Matthias Lindemann

 

Herr Lindemann, was bedeutet Barrierefreiheit für Sie?

Matthias Lindemann:Barrierefreiheit bedeutet für mich, dass ich jedem, der es möchte, Zugang gewährleiste, beispielsweise zum Internet. Würde ich als Rollstuhlfahrer vor einem nicht barrierefreien Kaufhaus stehen, würde ich mich diskriminiert fühlen. Genau das geschieht aber Tag für Tag im Internet. Für viele ist es ganz einfach nicht zugänglich, weil beispielsweise die Seiten von Internetshops oder Behörden nicht auf sehbehinderte Menschen eingestellt sind.

Welche Lösungsansätze haben Sie gegen Barrieren entwickelt?

Mit entsprechender Software, die auf internetfähigen Haushaltsgeräten installiert wird, lassen sich diese nun über entsprechende Apps steuern, zum Beispiel Kühlschränke, Spül- und Waschmaschinen oder Induktionsherde. Geräte ohne haptische Elemente auf der Nutzeroberfläche konnten sehbehinderte Menschen bisher nur schwierig nutzen. Jetzt ist das möglich. Die App liest den blinden Nutzern und Nutzerinnen die Auswahlmöglichkeiten vor und bietet eine Sprachsteuerung an.

Im Meetingpoint stellen Sie eine akustische Innovation für Blinde vor. Sie heißt ARGUS und soll „die erste 3D-Sound-basierte Navigationslösung“ sein. Was bedeutet das?

ARGUS ist eine App, die auf Smartphones installiert werden kann. Die Navigations-App wird dann mit einem hochgenauen GPS-Empfänger gekoppelt, und los geht es. Statt den üblichen Sprachanweisungen – „biegen Sie bitte links ab“ – bekomme ich jedoch ein unaufdringliches Stereogeräusch über Kopfhörer vermittelt, das mich genau in die Richtung zieht, in die ich laufen soll. Sprich: Wenn ich geradeaus laufen soll, kommt das Geräusch von vorne, wenn ich rechts abbiegen soll, wandert es nach rechts, und so weiter.

Ist es für Blinde nicht gefährlich, außer den Navigationsanweisungen nichts mehr zu hören?

Ja, ist es. Der Hörsinn dient ja gerade blinden Personen zur Orientierung. Unsere Lösung dafür: Wir nutzen keine klassischen Stereokopfhörer, sondern ein sogenanntes Knochenkopfleitsystem. Dabei setzt man den Kopfhörer quasi vor die Ohren und nicht auf die Ohren, sodass auch Außengeräusche weiterhin wahrgenommen werden können.

Ist dieses Navigationssystem bereits für alle deutschen Städte erhältlich?

Eine Version mit erweiterten Daten, das heißt unter anderem mit Informationen zu sicheren Straßenquerungen, verschiedenen Eingangstüre, gibt es derzeit für Paderborn, Soest, Madrid und San Sebastian in Spanien sowie zwei britische Städte. Die Basisversion, die reguläre Gehwege angibt, ist bereits für ganz Deutschland verfügbar. Darin können auch eigene Wege zusammen mit einer assistierenden Person abgelaufen und für den nächsten Gang gespeichert werden.

ARGUS ermöglicht Blinden also bald noch mehr Selbstständigkeit und Sicherheit, wenn sie allein unterwegs sind. Das möchte auch CaMeLi (Care Me For Life), das dritte System, das sie vorstellen werden. An wen richtet es sich?

CaMeLi richtet sich an ältere Menschen. Es befindet sich derzeit noch in der Entwicklungs- und Testphase. Am Ende herauskommen soll dabei ein kleines Tablet mit einem empathischen Avatar, mit dem man sich unterhalten und Sprachbefehle geben kann. Die können für die Kommunikation genutzt werden oder in Einrichtungen für betreutes Wohnen, um Informationen zu erhalten. Außerdem bietet das System eine Sturzerkennung, die mithilfe des Mikrofons und der Kamera des Tablets feststellen kann, ob es einen Unfall gab. Wenn die Nutzerinnen und Nutzer dann nicht auf eine Frage des Avatars antworten, wird automatisch ein Notruf abgesetzt.

 

ARGUS und CaMeLi können im Meetingpoint ausprobiert werden.

 

Linktipps:

Alle Infos zum Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Zukunftskongress „Inklusion2025“: Thema „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“

Mehr Informationen zu den Meetingpoints auf dem Zukunftskongress

Technik als Motor der Inklusion? Interview mit Enno Park zum Thema „Technische Innovationen in den Lebenswissenschaften“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

„Gib dich nicht mit weniger zufrieden!“ Interview mit Barbara Vieweg zum Thema „Selbstbestimmtes Leben in sozialen Räumen und Beziehungen“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Räumchen, Räumchen, wechsel dich. Gespräch mit Barbara Brokamp zum Thema „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Die Arbeitswelt von morgen. Interview mit Mathilde Niehaus zum Thema „Arbeitsleben und Unternehmensentwicklung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Wie stellen Sie sich Ihre Welt in zehn Jahren vor? Machen Sie mit bei der Blogparade #INKLUSION2025 zum Zukunftskongress!

Matthias Lindemann

(Redaktion )

Die Zukunft der Inklusion

$
0
0

Eine Frau mit einer Blume in der ausgestreckten Hand läuft durch die Reihen der Kongressteilnehmer

Den bedeutenden gesellschaftlichen Zukunftstrends auf der Spur – Tag 1 auf dem Zukunftskongress INKLUSION2025

Den bedeutenden gesellschaftlichen Zukunftstrends auf der Spur. Wie wird sich Deutschland und unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren verändern? Und welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf den Prozess der Inklusion? Wo liegen die Chancen, wo bestehen Risiken für das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe?

Ein Forum für Zukunftsideen

Neun Uhr, Dienstagmorgen: Die direkt an der Spree gelegene Berliner „Arena“ füllt sich mit den Kongressbesuchern. Von außen den Charme der Industrie-Architektur der 20er Jahre ausstrahlend, besticht die Kongresshalle im Innern mit einer freien Fläche von 6.500 Quadratmetern. Ein riesiger, hochmoderner Raum, der noch heute und morgen das Forum zur Begegnung, zum Netzwerken und zum Austausch von neuen Ideen in Sachen Inklusion bietet.

„Wir freuen uns auf fruchtbare Diskussionen, die allen Akteuren als wertvolle Impulse dienen können“, begrüßt Armin v. Buttlar, Vorstand der Aktion Mensch, die knapp 500 Inklusionsvordenker im Plenum.

Behinderung neu denken

„Lasst uns ein ganz neues und positives Bild von Behinderung zeichnen“, regt Jonathan Kaufman in seiner Eröffnungsrede an. Der US-Amerikaner ist einer der innovativsten Aktivisten auf den Themengebieten Diversität und Behinderung. Seine eigene Behinderung (Zerebralparese) empfindet er als persönliche Stärke. „Wir alle, Menschen mit und ohne Behinderung sollten Behinderung als etwas Wertvolles, als zusätzliche Möglichkeit betrachten“, empfiehlt er dem Publikum. Elisabeth Wacker, Professorin an der TU München, schlägt in ihrer Keynote-Rede das Kursbuch für den Inklusionsprozess auf: „Die Forderung nach Barrierefreiheit, Teilhabe und Selbstbestimmung ist richtig und wichtig. Aber sie genügt nicht.“ Zu viele Fragen blieben in der Praxis offen, so Wacker. „Wir müssen Teilhabechancen in allen relevanten Lebensbereichen immer wieder aufs Neue beschreiben und in der Praxis analysieren. Erst dann werden die Chancen und auch die Risiken offenkundig.“

Inklusion in allen Lebensbereichen

Genau das – Inklusion in allen relevanten Lebensbereichen unter die Lupe nehmen – stand dann nach der Mittagspause an. In sechs Themenpanels und Workshops– mit Impulsvorträgen, Streitgesprächen, Zukunftswerkstatt und Kleingruppenarbeit – loteten die Referentinnen und Referenten gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Megatrends der Zukunft und ihre Relevanz für das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung aus:

  1. Arbeitsleben und Unternehmensentwicklung
  2. Bildungschancen und Lebensweggestaltung
  3. Gesellschaftliche Entwicklung und soziale Verantwortung
  4. Selbstbestimmtes Leben in sozialen Räumen und Beziehungen
  5. Technologieentwicklung und digitale Kommunikation
  6. Technische Innovationen in den Lebenswissenschaften.

Was bietet der Kongress noch?

Jede Menge interessante Eindrücke, Ideen und Menschen! Inklusives Theater mit den Be.Bots2025 von der Theaterwerkstatt Bethel, außerdem Meetingpoints, an denen zukunftsweisende, inklusive Projekte bereits vorgestellt wurden und werden: Zum Beispiel das Deaf Magazin (ein Lifestyle- und Gesellschaftsmagazin rund um die deutsche Gebärdensprachkultur), Blindenreportagen im Sport, Culture Inclusive– das Online-Portal zum Kennenlernen und Auffinden von zugänglicher Kultur, oder JAM!– das neue Online-Portal der Aktion Mensch für junge Leute.

Und übrigens: Der Zukunftskongress ist weitgehend barrierefrei: stufenlos zugänglich, alle Redebeiträge im Plenum und in den Workshops werden von Gebärdensprach- und Schriftdolmetscherinnen und -dolmetschern, übersetzt. Zudem gibt es viele Informationen in Leichter Sprache und Graphic Recording.

Tag Eins des Zukunftskongresses geht langsam aber sicher zu Ende. Nach der thematischen Arbeit in den Workshops treffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Begegnungszone zum gewünschten persönlichen Austausch und Imbiss. Morgen früh geht es weiter, mit der „Anstiftung zum Andersdenken“ ...

 

Mehr Eindrücke vom Zukunftskongress gibt es unter Facebook und auf Twitter unter dem #zki2025.

 

Linktipps:

Alle Infos zum Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Mobile Innovationen. Interview mit Matthias Lindemann zum Thema: „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Technik als Motor der Inklusion? Interview mit Enno Park zum Thema „Technische Innovationen in den Lebenswissenschaften“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

„Gib dich nicht mit weniger zufrieden!“ Interview mit Barbara Vieweg zum Thema „Selbstbestimmtes Leben in sozialen Räumen und Beziehungen“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Räumchen, Räumchen, wechsel dich. Gespräch mit Barbara Brokamp zum Thema „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Die Arbeitswelt von morgen. Interview mit Mathilde Niehaus zum Thema „Arbeitsleben und Unternehmensentwicklung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Wie stellen Sie sich Ihre Welt in zehn Jahren vor? Machen Sie mit bei der Blogparade #INKLUSION2025 zum Zukunftskongress!

(Ulrich Steilen)

Anstiften zum Andersdenken

$
0
0

Zwei Schauspieler in Anzügen vom Improvisationstheater "Steife Brise" auf der Bühne

Tag 2 auf dem Zukunftskongress INKLUSION2025

50. Geburtstag feiert die Aktion Mensch in diesem Jahr. „Schon viel erreicht. Noch viel mehr vor.“ lautet das Motto zu diesem Jubiläum. Was liegt da näher, als am Ende des Jubiläumsjahres den Blick nach vorne zu richten und zu fragen: Wie geht‘s weiter? Was wollen wir erreichen? Was ist nötig und möglich in Sachen Inklusion? Wie können mehr Möglichkeiten der Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen werden?

Genau das – nach vorn blicken und nach neuen Wegen für Inklusion suchen – ist an den vergangenen beiden Tagen Zukunftskongress INKLUSION2025 in der Berliner Arena geschehen.

Gute Ideen

Tag Zwei des Kongresses beginnt mit viel Wind zum Wachwerden: Auf der großen Bühne des Plenums fordert Anja Förster zum Quer- und Andersdenken auf: „Gute Ideen bekommt man, wenn man Unterschiede und Heterogenität zulässt.“ Damit hat sie den Bogen zum Thema Inklusion gespannt. Auch hier geht es um das Zulassen von Unterschieden und Widersprüchen, damit mehr Vielfalt, Gemeinschaft und Teilhabe entstehen. „Die Befreiung von Dogmen, Vorurteilen und Barrieren beginnt im Kopf“, sagt die Bestseller-Autorin. „So können wir den Wind der Veränderung für uns nutzen.“

Für Rückenwind, Zwerchfellmassage und viel Kreativenergie vor der anstehenden inhaltlichen Arbeit in den einzelnen Themenfeldern (Panels) sorgt die Improvisationstheatergruppe „Steife Brise“. Sie bauen die Inklusionsvisionen und -ideen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die diese am ersten Tag auf Zetteln notiert haben, in ihr Programm ein und lassen Geschichten und Lieder aus dem Nichts entstehen. Eine absolut gelungene Musik-Theater-Inklusion!

Schokoladenseiten und Macken

Am späteren Vormittag startet dann die Panelarbeit in den fünf Themenfeldern. In Workshops, Zukunftswerkstätten, Diskussionsrunden und Streitgesprächen richten die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer den Blick auf die Trends gesellschaftlicher Entwicklung der kommenden Jahre: Digitalisierung, assistierende Technologien, demografischer Wandel und viele andere. Dabei schwingen auch immer die Fragen nach der Notwendigkeit und Möglichkeit sozialer Verantwortung mit. Welchen Beitrag muss hier die Gesellschaft leisten, welchen kann jeder Einzelne leisten?

Im Themenfeld „Arbeitsleben“ diskutieren Prof. Ute Fischer und Prof. Bert Rürup im lebhaften Streitgespräch über das Für und Wider eines bedingungslosen Grundeinkommens und die Frage, welche Bedeutung dessen Einführung für den Inklusionsprozess haben könnte. Ein Panelteilnehmer erinnert mit einem Satz an die Startprobleme des Inklusionsprozesses und zieht damit die Parallele zum Grundeinkommen: „Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie nicht will, sucht Gründe.“

Wege zur Umsetzung von Inklusion werden auch im Themenpanel„Gesellschaftliche Entwicklung und soziale Verantwortung“ beschritten. Glücksforscher Anton Bucher und Cinderella Glücklich (die tatsächlich so heißt) versuchen hier Antworten auf die Fragen „Was ist ein gutes Leben? Und welche Bedeutung hat das für Inklusion?“ zu finden. „Menschen, die sich für andere engagieren, sind überdurchschnittlich glücklich“, sagt Prof. Bucher. Und Cinderella Glücklich ist sich sicher: „Inklusion ist meiner Meinung nach essenziell für persönliches Glück und Zufriedenheit. Denn Inklusion heißt nicht nur andere Menschen mit all ihren Eigenschaften als Teil der Gesellschaft anzunehmen, sondern Inklusion bedeutet auch, sich selbst mit all seinen Schokoladenseiten und Macken anzunehmen und so seinen Platz in der Gesellschaft zu finden.“

Hier und jetzt!

Tag Zwei des Kongresses geht am Mittwochnachmittag mit der abschließenden Talkrunde im Plenum zu Ende. Raúl Krauthausen, Gründer des Vereins „Sozialhelden“ und  „Glasknochenbesitzer“, betont, dass sich alle gleichermaßen für die Verwirklichung der inklusiven Gesellschaft einsetzen müssen, Menschen mit und ohne Behinderung. Einhellige Meinung auf der Bühne und im Plenum: Inklusion darf keine Utopie sein! Die gleichberechtigte Teilhabe auf Augenhöhe ist machbar. Und zwar hier und jetzt!

Bevor die Kongressaktivisten wieder in ihre je „eigene Inklusionsheimat“ zurückkehren, um dort für frischen Wind zu sorgen, pustet sie die „Steife Brise“ mit ihrem Improtheater noch ein letztes Mal ordentlich durch. Inklusion kann halt auch unglaublich viel Spaß machen!

 

Die Dokumentation des Kongresses – mit vielen Inhalten zu den einzelnen Themenfeldern, Videos und Interviews– kann voraussichtlich in einigen Wochen auf der Internetseite des Kongresses angesehen und heruntergeladen werden. Feedback zum zweitägigen Inklusionstreffen ist herzlich willkommen – hier im Blog oder auf Facebook und Twitter.

 

Linktipps:

Alle Infos zum Zukunftskongress INKLUSION2025

Die Zukunft der Inklusion. Ulrich Steilen über Tag 1 auf dem Zukunftskongress INKLUSION2025

Mobile Innovationen. Interview mit Matthias Lindemann zum Thema: „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Technik als Motor der Inklusion? Interview mit Enno Park zum Thema „Technische Innovationen in den Lebenswissenschaften“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

„Gib dich nicht mit weniger zufrieden!“ Interview mit Barbara Vieweg zum Thema „Selbstbestimmtes Leben in sozialen Räumen und Beziehungen“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Räumchen, Räumchen, wechsel dich. Gespräch mit Barbara Brokamp zum Thema „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Die Arbeitswelt von morgen. Interview mit Mathilde Niehaus zum Thema „Arbeitsleben und Unternehmensentwicklung“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Wie stellen Sie sich Ihre Welt in zehn Jahren vor? Machen Sie mit bei der Blogparade #INKLUSION2025 zum Zukunftskongress!

Eindrücke vom Zukunftskongress

Blick in einen Veranstaltungssaal. Menschen sitzen in Reihen im Publikum vor einer Bühne.Sascha Decker und Christina Marx auf der Bühne.Klatschende Menschen im Publikum.Ein junger Mann umarmt eine junge Frau im Rollstuhl, beide lachen in die Kamera.Ein junger Mann und eine junge Frau schauen in ein Heft, das sie in den Händen hält.Eine große Wand mit dem Schriftzug JAM. Dieser besteht aus vielen kleinen Post-its. Davor steht eine junge Frau, die sich die Wand ansieht.Moderatorin Christina Marx sitzt neben Raul Krauthausen auf der Bühne.Bert Rürup.Klatschende Menschen im Publikum.Ausschnitt aus einem sogenannten "Graphik recording" - einer Bildlichen Mitschrift des Kongresses.Blick in die Kongresshalle. Menschen sitzten auf Hockern und unterhalten sich.Blick von hinten in einen Kongress-Saal: Menschen im Publikum vor einer großen Bühne mit Leinwand.

(Ulrich Steilen)

Tag des Ehrenamts

$
0
0

Eine Frau schält Zwiebeln in der Küche

Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, dabei spielt es selten eine Rolle, ob der Engagierte eine Behinderung hat oder nicht. Zum heutigen Internationalen Tag des Ehrenamtes stellen wir drei von über 23 Millionen freiwillig Engagierten vor. Wer selbst etwas für Andere tun möchte, findet übrigens in der Freiwilligendatenbank mehr als 15.000 Möglichkeiten aus ganz Deutschland.

Da ist zum Beispiel Erika Schmidt. In Netphen hat sie zusammen mit der Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen eine Tafel gegründet, die Bedürftige kostenlos mit Lebensmitteln versorgt. Und weil es so gut anlief, hat sie einen Mittagstisch mitinitiiert, der vor allem ältere Menschen mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Sie selbst arbeitet in einer Werkstatt der Arbeiterwohlfahrt in Siegen und engagiert sich ehrenamtlich für die Lebensmittelausgabe. Um Menschen mit Behinderung im Ehrenamt mehr Mitsprache zu geben, hat sie den Verein „Möglichkeitsdenker“ mit ins Leben gerufen. Erika Schmidt gehört zu den Menschen, die nicht warten, dass Andere sie teilhaben lassen. Sie legt einfach los und bereitet so vielen Anderen den Weg.

Einfach nur da sein

Grania Grözinger tut etwas gegen die Vereinsamung älterer Menschen in Hamburg. Sie besucht jede Woche eine ältere Dame, die kaum noch ihre Wohnung verlassen kann. Oft sehen wenig mobile Menschen nur noch die Mitarbeiter von Pflegedienst und Sozialstation. Ein ganz normaler nachbarschaftlicher Kontakt ist nicht so leicht möglich. Hier kommen Engagierte wie Grözinger ins Spiel. Sie besuchen die Hochbetagten und sind einfach nur da – zum Zuhören, Plaudern und zur Unterstützung bei kleinen Dingen wie dem Ausfüllen von Formularen. Zusammengebracht hat die beiden die AWO Stiftung Aktiv mit ihrem Projekt „Aktion Augen auf“. Und tatsächlich gehört Grözinger zu denjenigen Mitmenschen, die mit offenen Augen durchs Leben gehen und einen Blick dafür haben, wie sie Andere mit nachbarschaftlicher Wärme unterstützen können.

Engagement für die Schule

Marcel und Conny engagieren sich für ihre Schule. Sie haben beim Kölner DJK Sportverband e.V. die Ausbildung zum Sporthelfer und zum Sportassistenten in inklusiven Gruppen absolviert. Was Marcel und Conny, die Rollstuhlfahrerin ist, dazu brachte? Der Spaß am Sport und der Wunsch, dass in der Schule niemand vom Sportprogramm ausgeschlossen sein darf. Bei dem Ausbildungslehrgang haben sie gelernt, wie man Sportangebote konzipiert und natürlich auch, welche Spiele und Übungen allen Spaß machen. Zur Ausbildung gehören aber auch Erste-Hilfe-Module, die Klärung rechtlicher Fragen und die richtigen Deeskalationsstrategien, wenn es mal Zoff gibt. Danach  ging es an die praktische Umsetzung: Die beiden Abiturienten überlegten sich ein Sportprogramm, das die 5.- und 6.-Klässler an der Schule in der großen Pause machen konnten. Auch so kann freiwilliges Engagement aussehen.

 

Engagement-Angebote in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Freiwilligendatenbank.

(Henrik Flor)

Stolz statt Vorurteile

$
0
0

Sportlerin Christiane Reppe

Blogger Raul Krauthausen treibt sich viel auf YouTube herum und zeigt auch gerne Arbeitskollegen einen tollen Videoclip. Immer öfter sieht er dort auch junge Menschen mit Behinderung, die stolz sind, statt gegen Vorurteile zu kämpfen.

In einem Lehrbuch für „Wie verhält man sich als guter Chef“ würde ich wohl als Negativbeispiel aufgeführt werden. Nicht, wenn es um die Sozialhelden-Struktur geht oder unsere Projekte, sondern wenn es ums YouTube-Videos-Gucken im Büro geht. Da bin ich wohl alleiniger Anführer in der Liste „Hey, guckt mal hier, was ich für ein Video gefunden habe“. So habe ich auch letztens erst wieder das ganze Büro vor mein Laptop gelockt, um das Video zu zeigen von einem Mädchen, das nur einen Arm hat und sich einen französischen Zopf flechtet. Einige Frauen und unser langhaariger Pressesprecher waren beeindruckt und meinten nur: „Das schaffe ich ja nicht mal mit zwei Armen!“

Junge Generation von Menschen mit Behinderung auf YouTube, Facebook und Co

Das Video war für mich ein schönes Beispiel dafür, dass es eine junge Generation von Menschen mit Behinderungen gibt, die sich nicht mehr so stark mit den Kämpfen gegen Vorurteile auseinander setzen muss/will, sondern lieber gleich per YouTube, Facebook und Co zeigt, wie ihr Leben aussieht. Wenn ich an meine Jugend denke, als ich so alt wie das Mädchen war, dann erinnere ich mich daran, dass mir meine Behinderung zum ersten Mal so richtig bewusst wurde, weil sie mich in manchen Dingen einschränkte. Ich habe nicht mehr mit anderen Kindern im Sportunterricht Fangen gespielt, sondern wurde von dem Leistungsvergleich ausgeschlossen. Auf der einen Seite hätte ich bei dem Leistungsvergleich wohl nicht gut abgeschnitten, aber auf der anderen Seite wurde ich dadurch von meinen Freunden getrennt, weil ich früher nach Hause geschickt wurde und die anderen ihre Verabredungen in den Umkleidekabinen getroffen haben. 

Zeigen, dass die Behinderung nicht alles an mir ist

In der Zeit dachte ich oft: Verdammte Behinderung, kann ich nicht irgendwie zeigen, dass sie für meine Freunde kein Problem ist? 

Vielleicht hätte ich in dem Alter auch einen YouTube-Kanal eröffnet oder irgendwas anderes gemacht, um zu zeigen, dass die Behinderung nicht alles an mir ist. Problem nur: Das Internet war noch weit weg. 

Als ich mir meiner Behinderung immer mehr bewusst wurde, dachte ich auch, dass ich gegen Vorurteile kämpfen müsste, obwohl es sie manchmal noch gar nicht gab. Ich wurde irgendwie zum Klassenclown oder auch manchmal ein bisschen arrogant, wenn mich beispielsweise Menschen auf der Straße zu lange angeschaut haben. 

Selbstbewusster Umgang mit der Behinderung

Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber ich habe geglaubt, dass ich als Mensch mit einer Behinderung Abwehrmechanismen entwickeln müsste, um mich nicht immer wegen Vorurteilen zu rechtfertigen oder auch manchmal zu schämen.

Jetzt sehe ich das Video von dem Mädchen mit nur einem Arm oder eine andere Frau, die sich eine Prothese aus Lego baut, an und denke nur: Wow, gehen die schön selbstbewusst damit um! Fast so, als wollten sie sagen: Ja, mir fehlt ein Bein oder Arm, aber es ist mir egal, was du denkst. Auch in meinem Freundeskreis sehe ich bei jüngeren Menschen mit Behinderungen, dass sie „lockerer“ damit umgehen als ich damals. Ob es jetzt David Lebuser ist, der mit seinen Rollstuhl auf Halfpipes herumskatet, oder Christiane Reppe, die als Handbikerin gerade alles gewinnt, was es so gibt, und sich uns auf Bildern als stolze Sportlerin präsentiert.

Vielleicht ändert sich ja doch langsam was und wir können mehr zeigen, dass wir stolze Menschen mit Behinderungen sind, statt gegen Vorteile zu kämpfen. Es wäre zumindest ein schöner Gedanke!

 

Linktipps:

Raus aus dem Mittelalter. Blogbeitrag von Raul Krauthausen darüber, wie weit die alten Zeiten noch heute in unser Unterbewusstsein reichen, wenn wir an Menschen mit Behinderungen denken

Streicheleinheiten, Schokolade und schöne Sprüche. Blogbeitrag von Marie Gronwald über Begegnungen mit Rollstuhl in der Vorweihnachtszeit

Die iNklusion ist da. Überlegungen von Raúl Krauthausen, Menschenrechte endlich mal genauso zu präsentieren wie das neueste technische Produkt

(Raúl Krauthausen)

Zukunftsvisionen, Zukunftsmissionen

$
0
0

Bunte Kreise lösen sich zu einem 'Wurm' auf. Grafik zum Zukunftskongress. Text: Inklusion2025. Der Zukunftskongress der Aktion Mensch.

Den Blick nach vorne richten, Wünsche beschreiben und Visionen entwickeln – das war das Ziel der Blog-Parade anlässlich des Zukunftskongresses INKLUSION2025. Die große Frage lautete: Wie könnte für Sie eine inklusive Zukunft im Jahr 2025 aussehen? Uns haben viele unterschiedliche und ganz persönliche Antworten auf diese Frage erreicht.

Die Aktion Mensch hat Bloggerinnen und Blogger dazu aufgerufen, auf dem eigenen Blog einen Beitrag zu veröffentlichen, in dem sie ihre persönlichen Vorstellungen der Zukunft in zehn Jahren beschreiben, einen Monat lang lief der Aufruf. Dabei ist einiges zusammen gekommen. Das Tolle daran: Jeder hat einen ganz eigenen Zugang und eine eigene Herangehensweise zu diesem Thema gefunden. Der Anlass der Blog-Parade war der Zukunftskongress INKLUSION2025, der vom 1.-3. Dezember in Berlin stattgefunden hat. Dort gab es unter anderem einen Austausch über neue Techniken, innovative Bildungsmöglichkeiten und Chancen in der Arbeitswelt. Mehr Informationen zu den Inhalten des Kongresses sind in den zwei Blog-Beiträgen Die Zukunft der Inklusion und Anstiften zum Andersdenken, zusammengefasst.

Die Beiträge zur Blog-Parade

Das Etikett der Erbsensuppe im Supermarkt mit Brailleschrift – ganz normal im Jahr 2025. Mehr Möglichkeiten und inklusive Maßnahmen für Menschen mit Sehbehinderung, so stellt sich die Bloggerin auf dem Blog "Blindfisch" die Zukunft in zehn Jahren vor.

Ein "Voneinander-Lernen-Tag" in der Schule, ein Rollstuhl, der nicht mehr wie ein "Therapiestuhl" aussieht und ganz normales Familienchaos: Diese Wünsche stellt der Beitrag auf dem Blog Kaiserinnenreich an das Jahr 2025. Nach dem Zukunftskongress blickt die Bloggerin Mareice Kaiser in einem weiteren Blog-Beitrag zurück auf die Eindrücke des Zukunftskongresses.

Der Beitrag auf dem Blog "Mobilista.eu" richtet den Blick auf Veränderungen in der Gesellschaft. Grundsätzliches Umdenken in den Medien, der Politik, der Kirche und der Justiz, aber auch in der Schule und bei den Nachbarn macht Inklusion erst machbar – das macht dieser Text deutlich.

Gebärdensprache als Fach an der Regelschule, wünscht sich Raul Krauthausen in seinem Blog-Beitrag zur Blog-Parade. Außerdem fordert er, dass das Wort "Inklusion" nicht nur von Menschen ohne Behinderung besetzt wird.

Robert Schedding legt den Schwerpunkt in seinem Beitrag zur Blog-Parade auf die Rolle der Sozialen Medien in Verbindung mit Inklusion. Im Zuge der Blog-Parade veröffentlicht er sogar seine Bachelor-Arbeit zu diesem Thema.

Auf dem Blog "Nimm! 2.0. Netzwerk Inklusion mit Medien" ist ein Beitrag zur Blog-Parade geschrieben worden, in denen neue Technologien und neue Entwicklungen beschrieben werden, die Menschen mit Hörbehinderung zukünftig unterstützen können. Spracherkennungsprogramme, die Live-Untertitelung in einer alltäglichen Alltagssituation ermöglichen und Gebärdendolmetschung auf dem Smartphone könnten in zehn Jahren wegweisend sein.

Der Beitrag auf der Internet-Seite "Messbares Wertemanagement" beschäftigt sich vor allem mit dem Thema "Bildung und Inklusion in der Schule".

Unser Mitarbeiter Domingos de Oliveira hat auf seinem Blog Gedanken und Eindrücke des Zukunftskongresses gesammelt. Unter anderem beschäftigt er sich mit den Chancen und Gefahren von Datensammlungen in Bezug auf Barrierefreiheit.

Eine zusätzliche, eigene Blog-Parade anlässlich des Zukunftskongresses INKLUSION2025 hat die Jugendhilfe-bewegt-berlin gestartet. Dort sind viele interessante Beiträge entstanden.

Einen ganz persönlichen Blick auf die Kongresstage, die Referentinnen und Referenten und die diskutierten Themen des Zukunftskongresses INKLUSION2025 wirft die Bloggerin "Die Mama" auf dem Stern-Blog "Alles andere als down".

Einen ausführlichen und interessanten Rückblick auf den Zukunftskongress präsentiert auch das Blog "aktuell" von "evangelisch.de".

Die Zeiten von Spenden-Formularen auf Papier scheinen gezählt zu sein, stattdessen spielen heutzutage Crowdfunding und digitale Freiwilligen-Datenbanken immer größere Rollen. Daraus schließt sich: Digitale Entwicklungen ermöglichen Zusammenarbeit und Vernetzung, so kann gemeinsames Anpacken umgesetzt werden. Der Beitrag auf dem Blog "Opentransfer" sieht deshalb optimistisch in die Zukunft.

"Auf dem Zukunftskongress habe ich zum ersten Mal einen Vorgeschmack davon bekommen, wie es sich anfühlt in einer Gesellschaft zu leben, die inklusiv gestaltet ist", heißt es auf dem Blog "Kntxt" in einem Text über den Zukunftskongress INKLUSION2025.

Die Traum-Hochzeit: Eine Vorstellung, wie ein Tag mit Robotern als Unterstützung, ausschließlich barrierefreien Transportmittel und einem Brautkleid im Jahr 2025 perfekt wäre, stellt Rollstuhlfräulein in ihrem Blog vor.

Auf dem Blog "bosbach.mobi" ist eine Interviewreihe zu dem Thema Arbeiten in zehn Jahren erschienen. Unter anderem kommen dort Wissenschaftler, Geschäftsführer und Personalfachleute zu Wort.

Carsten Dethlefs stellt seinen "inklusiven Traum" auf seinem Blog vor, in dem Menschen mit Behinderung als bereichernde und produktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschätzt werden.

Auf dem Daimler-Blog blickt Anne Becker zurück auf den Zukunftskongress und berichtet von ihren Erlebnissen und Eindrücken. Sie kommt zu dem Schluss, dass es an uns liegt, die Zukunft in die Hand zu nehmen: "Ich bin optimistisch, die Technik und der aktuelle Zeitgeist bieten uns so viel Chancen wie noch nie, es liegt an uns, diese richtig zu nutzen! Ganz wie der Slogan von Aktion Mensch sagt: Schon viel erreicht, noch viel mehr vor!".

Auf dem Blog "Granaton" ist ein Interview erschienen, das auf dem Zukunftskongress INKLUSION2025 entstanden ist. Interviewpartner ist Christian Münch, Intergrationsberater für die Südwestliche Industrie- und Handelskammer Hagen. Er spricht über Chancen und Entwicklungen von Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt.

Auch auf unseren Blog sind viele Beiträge zu den Themen rund um den Zukunftskongress INKLUSION2025 veröffentlicht worden:

Arbeitswelt von morgen

Mobile Innovationen

Technik als Motor von Inklusion?!

Gib dich nicht mit weniger zufrieden!

INKLUSION2025 - Ein Blick in die Zukunft

Räumchen, Räumchen, wechsel dich

Das Ende der Blog-Parade ist gleichzeitig der Startschuss, um mit großen Schritten Richtung inklusiver Zukunft zu gehen. Wie diese aussehen kann, haben viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihren Blogs beschrieben. Lasst uns jetzt anfangen und aktiv mitgestalten! Denn: Die Zukunft beginnt jetzt.

Wie bereits im Text erwähnt, lief zur gleichen Zeit eine weitere Blogparade zum Thema Inklusion des Blogs Jugendhilfe-bewegt-berlin, an der wir mit diesem sowie den beiden Blog-Beiträgen zum Zukunftskongress teilgenommen haben.

Weitere Teilnehmerinen und Teilnehmer dort:

www.zollondz-kommunikation.de

http://inklusionsfakten.de/

http://mampel.wordpress.com/

www.sozialvernetzer.de

http://blog.inklusive-entwicklung.de/

www.einmischen.com/

(Redaktion )


Hier packt jeder mit an

$
0
0

Weihnachtskrippe mit Krippenfiguren und leuchtendem Stern

Ein Weihnachtsmarkt, der ganz und gar von Freiwilligen geschmissen wird? Das ist seit 27 Jahren Tradition in Berlin-Kladow. Die Erlöse gehen vollständig an Jugendprojekte vor Ort. Wie man 100 Engagierte koordiniert und dabei adventlich-gelassen bleibt, verrät der Leiter Oliver Jonas.

In dem alten grünen Bauwagen sorgt der Gasofen für wohlige Wärme. Hier, im improvisierten Markt-Büro, sitzt Gisela Peter und zählt Geld. Eben kamen die Losverkäuferinnen rein und leerten ihre Portemonnaiesüber dem Tisch. Wenig später will auch der DLRG-Mann, der heute Bratwürste verkauft, seine Einnahmen loswerden.

Gisela Peter war lange Schriftführerin der Cladower Dorf Union, die nun schon zum 27. Mal den Kladower Christkindlmarkt organisiert. An jedem zweiten Adventswochenende ist die Ruheständlerin zur Stelle und behält die Einnahmen akribisch im Blick. Und das, weil es hier in Kladow gerade nicht um Kommerz und gekauftes Advents-Gefühl geht. Für Gisela Peter zählt jeder Euro, weil der komplette Gewinn an Kinder- und Jugendeinrichtungen in der Umgebung fließt. So konnten die Engagierten aus dem Überschuss des letzten Jahres die Laufräder der Kita Eichhörnchenbande ersetzen, die im Sommer geklaut wurden. Die Junge Wasserrettung der DRK bekam Übungsmaterial und ein lokales Berufsqualifizierungsprojekt einen Bildschirm für die Schulungen.

Jedes Jahr mehr als 100 Ehrenamtliche mobilisiert

Insgesamt 49 Stände mit Kunsthandwerk, Winterkleidung oder regionalen Spezialitäten reihen sich auf dem Imchenplatz aneinander. Dazu präsentieren sich Freiwillige Feuerwehr, THW und DLRG. Mit der Lage direkt an der Havel ist es der vielleicht am schönsten gelegene Weihnachtsmarkt in Berlin. In jedem Fall ist es der Einzige, der jedes Jahr mehr als 100 Ehrenamtliche mobilisiert und so zur lokalen Institution geworden ist. Einige ehemalige Kladower kommen Jahr für Jahr aus Lübeck oder Hamburg angereist, um mit dabei zu sein.

Für Oliver Jonas, den Vereinsvorsitzenden und Verantwortlichen des Spektakels, beginnen die Vorbereitungen bereits im August. Dann zurrt das Kernteam den Aufbauplan fest, später kontaktiert Schatzmeisterin Sabine Tucholl die Standnehmer. Oliver Jonas holt sämtliche Genehmigungen ein: für die Lebensmittelausgabe, die Umleitung im Ortskern, das Veranstalten der Tombola und, und, und … Dieses Jahr blieb es bis zum Schluss spannend: „Ein wenig haben wir schon geschwitzt, weil die entscheidende Genehmigung auch nach zwei Monaten noch nicht da war. Gestern, als der Markt schon in vollem Gang war, hatte ich sie dann im Briefkasten …“, berichtet der angehende Geotechniker.

Höhepunkt des Adventswochenendes

Eine Stunde noch, dann soll der Weihnachtsmann auf einem Polizeiboot über die Havel gefahren kommen und beim Weihnachtsmarkt anlanden. Für die vielen Kinder ist es der Höhepunkt des Adventswochenendes. Damit alles reibungslos läuft, ist Jonas in Kontakt mit der Polizei und Feuerwehr, die sich diesen Spaß nicht nehmen lassen.

Oliver Jonas, Sabine Tucholl und viele der hundert Freiwilligen sind seit Freitagfrüh auf den Beinen, haben Stände aufgebaut, Kabel gezogen, die Bühne aufgebaut. Erschöpfung ist trotzdem keine zu erkennen. Oliver Jonas: „Das Schöne ist immer, wenn man merkt: Hier funktioniert es einfach. Jeder packt mit an, jeder denkt mit, jedes Problem ist schnell gelöst.“ So sehen die Kladower auch entspannt dem Abbau entgegen – und der wird sie noch bis tief in die Nacht auf Trab halten, am 2. Advent, mit dem einmaligen Blick über die Havel.

 

Weitere Möglichkeiten, sich in der Weihnachtszeit und danach zu engagieren, finden Sie in der Freiwilligendatenbank.

Besucher an einem MarktstandMarktstände an der HavelEin Chor auf einer BühneKinder an einem GlücksradZwei Freiwillige in einem VerkaufsstandMarktstand mit LichterdekorationGlühweinstand mit LeuchtreklameFreiwillige auf dem Kladower Weihnachtsmarkt

(Henrik Flor)

Begegnung beim Kochen

$
0
0

Ein Mann rührt in einer Schüssel, zwei Frauen schauen ihm dabei zu

Das Projekt „Über den Tellerrand kochen“ bringt Flüchtlinge mit Einheimischen zusammen. Beim gemeinsamen Kochen kommt man ins Gespräch, lernt sich kennen und schätzen. Ninon Demuth, Mitinitiatorin des Projekts, erzählt im Interview, warum sie das Wort „Asyl“ nicht mag und wie man mit einem Kochbuch 100.000 Menschen mobilisiert.

Über den Tellerrand kochen“ heißt euer Projekt. Was genau macht ihr?

Wir bringen Menschen, die in Deutschland Asyl suchen und solche, die schon lange oder immer hier leben, zusammen – und zwar, indem sie gemeinsam kochen. Ziel ist es, die Menschen hinter dem Begriff „Asyl“ sichtbar zu machen und Kontakte, Bekanntschaften, Freundschaften entstehen zu lassen.

Wieso funktioniert das so gut über das Kochen?

Gemeinsames Kochen verbindet einfach. Man steht zusammen in der Küche, schnippelt, brät, backt und würzt exotische Gerichte. Die Rezepte bringen die Flüchtlinge mit. Dazu erfährt man ganz viel über deren Heimat. Dann isst man gemeinsam, redet weiter, lernt sich kennen, manchmal entsteht noch mehr daraus. 

Noch vor den ersten Kochabenden habt ihr ein Kochbuch herausgebracht. Was hat es damit auf sich?

Das war im Grunde der Anfang des gesamten Projekts. Ich hatte zusammen mit Bontu, Gerrit und Caro einen Gründer-Wettbewerb mitgemacht. Dort hatten wir acht Wochen Zeit, um ein konkretes Projekt umzusetzen.

Hinter dem Kochbuch steht die gleiche Idee wie bei den Kochabenden: Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenbringen, zeigen, wie gemeinsames Kochen funktioniert, und Berührungsängste abbauen.

Wir sind dann zum Oranienplatz gefahren, wo damals ein Protestcamp von Flüchtlingen stand, haben die Leute dort angesprochen und saßen kurze Zeit später mit Hassan aus Ghana an seinem Gaskocher und legten los. Das war das erste Rezept, das wir für das Kochbuch hatten. Neben dem Rezept erzählen wir auch immer die Geschichte des Menschen, der dahinter steht.

Erreicht ihr damit nicht vor allem diejenigen, die ohnehin offen sind und keine Vorurteile gegenüber Flüchtlingen haben?

Sowohl das Kochbuch als auch die Kochabende sind qualitativ sehr aufwendig gestaltet und sollen auch diejenigen ansprechen, die sich für das Kochen und vielleicht gar nicht so sehr für das Thema Migration interessieren. Wir platzieren das Thema dann quasi durch die Hintertür.

Aber es gibt auch ganz anders motivierte Teilnehmer: Leute, die sich angesichts der vielen schrecklichen Nachrichten aus aller Welt ohnmächtig fühlen und froh sind, wenn sie die Gelegenheit bekommen, konkret in ihrer Nachbarschaft etwas zu tun.

Was habt ihr noch in Berlin auf die Beine gestellt?

Derzeit bauen wir eine Community auf. Es finden regelmäßig offene Treffen statt, zu denen jeder kommen kann. Wenn zum Beispiel ein Flüchtling Ärger mit der Verwaltung hat, soll er hier Leute finden, die helfen können. Die Gruppe selbst bestimmt, was bei den Treffen passiert. Oft hat das natürlich mit Kochen zu tun. So sind wir schon ins Umland gefahren und haben dort zusammen Käse hergestellt. Später soll es solche Communities in ganz Deutschland geben.

Jenseits von Berlin habt ihr jetzt schon eine Lawine ins Rollen gebracht …

Ja! Im Juli dieses Jahres haben wir deutschlandweit einen Aufruf gestartet: „Trefft euch mit Flüchtlingen, kocht gemeinsam oder macht andere Aktionen, lernt euch kennen! Wir unterstützen euch dabei!“ An die 100.000 Menschen haben wir in ganz Deutschland damit erreicht. Wir haben dann vor Ort Leute und Organisationen recherchiert, die mit Flüchtlingen in Kontakt sind, und mit Interessierten zusammengebracht.

Was treibt dich persönlich an?

Ich koche gerne, ich reise gerne und mir macht es viel Spaß, ganz unterschiedliche Leute kennenzulernen. Deshalb passt „Über den Tellerrand kochen“ ziemlich perfekt. Ich habe selbst gemerkt, was für tolle Begegnungen beim Kochen entstehen können. Das will ich mit vielen teilen.

 

Ninon Demuth, 25, studiert Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin. Derzeit pausiert das Studium, damit sie sich ganz ihrem Projekt „Über den Tellerrand kochen“ widmen kann.

Ab Mitte Dezember wird das Buch „Rezepte für ein besseres Wir“ im Buchhandel erhältlich sein.

 

Weitere Möglichkeiten, sich für Flüchtlinge zu engagieren, finden Sie in unserer Freiwilligendatenbank

Sechs junge Menschen mit Kochschürzen lachen in die Kamera

(Henrik Flor)

Der lange Weg zum FSJ

$
0
0

Ein junger Mann mit Rollstuhl sitzt an einem Schreibtisch mit Computer

Bei allen Schwierigkeiten, eine passende Stelle zu finden: Das Freiwillige Soziale Jahr lohnt sich auch für junge Menschen mit Behinderung.

Wer denkt, nach dem Schulabschluss sei das Schlimmste vorbei, was gescheiterteInklusion angeht, der merkt schnell: Jetzt fängt es erst so richtig an. Nach meinem Abitur wollte ich auf keinen Fall gleich an die Uni, sondern erst mal arbeiten und Erfahrungen sammeln. Ich entschied mich für ein Freiwilliges Soziales Jahr, d.h. man arbeitet ein Jahr ehrenamtlich in einer sozialen Einrichtung oder bei einem sozialen Träger. Naiverweise dachte ich, dass es eben wegen diesem sozialen Hintergrund leichter sein sollte, eine Stelle zu bekommen. Also verschwieg ich die Behinderung nicht und erläuterte sie in allen Anschreiben. Nach vielen Vorstellungsgesprächen und noch mehr Bewerbungen wurde mir die Problematik klar: All diese Einrichtungen haben verstärkt mit Menschen mit Behinderung zu tun, allerdings nicht als Mitarbeiter, sondern als pflegebedürftige Kunden und Bewohner. Und als so jemanden sah man mich auch meistens. So rein theoretisch glaubte man mir schon, wenn ich sagte, ich hätte keine Einschränkung beim Arbeiten und könnte mich selbstständig in der Einsatzstelle bewegen, aber in der Realität sah man mich immer als Pflegefall an und dachte, ich würde das Team zusätzlich belasten.

Eine Behinderung hat auch Vorteile

Ein großes Problem besteht tatsächlich darin, dass die meisten Einsatzstellen darauf ausgelegt sind, dass man körperlich stark belastbar ist. Man hilft im Rettungsdienst aus, trägt Patienten durch die Gegend oder arbeitet in Pflegeheimen. Doch eben nicht in allen. Es gibt auch viele Stellen, wo es darauf ankommt, etwas zu organisieren. Und eine solche fand ich dann auch. Dort erkannte man, dass eine Behinderung auch Vorteile hat. Ich kann mich besser in Menschen hineinversetzen, vor allem, wenn sie in irgendeiner Form auf Hilfe angewiesen sind. Ich habe weniger Vorurteile, begegne Neuem mit Offenheit und Toleranz und kann flexibel mit Hürden und Hindernissen umgehen.

Nicht von Hindernissen abschrecken lassen

Wer es sich vorgenommen hat, ein FSJ zu machen, der sollte sich von solchen Hindernissen nicht abschrecken lassen. Bleibt dran, es lohnt sich. Ich habe gelernt, nicht aufzugeben, und habe eine tolle Stelle bei einem großen Wohlfahrtsverband gefunden. Ich erhielt dort gute Einblicke in die Arbeitswelt, lernte viel Neues und erfuhr, mit welchen Problemen man im späteren Berufsleben als Mensch mit Behinderung wohl auch zu kämpfen hat. Das Beste an dem Ganzen ist, man lernt so viele neue Leute kennen, und plötzlich dreht es sich nicht mehr um einen selbst, sondern man trägt Verantwortung für andere und dafür, dass man seine Arbeit richtig macht.

 

Linktipps:

Bufdis mit Behinderung. Blogbeitrag von Ulrich Steilen über Einsatzmöglichkeiten im Bundesfreiwilligendienst für Menschen mit Behinderung

Abenteuerlustig sollte man schon sein. Interview im Blog von Stefanie Wulff mit Kay Lieker, der über das Programm „weltwärts“ ehrenamtlich in Thailand arbeitet

(Luisa Eichler)

Geschnuppert und geblieben

$
0
0

Anna Gieraths am Computer

Abiturientin Anna Gieraths schnupperte während eines achtmonatigen Praktikums in die Arbeit bei der Aktion Mensch hinein. Es gefiel ihr so gut, dass sie blieb.

Anna Gieraths ist eine der „Youngster“ bei der Aktion Mensch. Die 21-Jährige hatte im November 2013 einen Praktikumsplatz im Marketing ergattert. In diesem Bereich zu arbeiten, war und ist ihr berufliches Ziel. „Mich reizt das Kreative daran, die Möglichkeit, sich immer wieder etwas Neues auszudenken und die eigenen Ideen zu verwirklichen“, erzählt sie. Nach dem Abitur fand die junge Frau aus Remagen am Rhein zunächst keine passende Ausbildungsstelle und begann eine einjährige Berufsqualifizierung am Friedrich-List-Berufskolleg in Bonn-Bad Godesberg. „Auf der Suche nach einem Praktikum für diese Qualifizierung bin ich im Internet auf die Aktion Mensch gestoßen“, erzählt Anna Gieraths. Nach Praktika in verschiedenen Kölner Werbeagenturen wollte sie „mal ein bisschen in die Arbeit bei einem sozialen Unternehmen hineinschnuppern“. Dass sie gleich ganz da bleiben würde, hatte sie allerdings anfangs nicht gedacht.

Neugierig darauf, Neues kennenzulernen

Bis sie zur Aktion Mensch kam, beschäftigte sich die Abiturientin kaum mit Themen wie Behinderung oder Inklusion. „Aber ich hatte keine Berührungsängste, sondern war im Gegenteil neugierig darauf, etwas Neues kennenzulernen“, sagt sie. Während ihres achtmonatigen Praktikums lernte sie die Organisation und ihre Förderprojekte dann genau kennen und war sehr überrascht über die Vielfalt der Aktivitäten. „Ich hätte nie gedacht, dass die Aktion Mensch so viele Förderprojekte hat und so unterschiedliche Initiativen unterstützt“, erzählt Anna Gieraths. Einen Teil ihres Praktikums machte sie in die Pressearbeit der Lotterie, dort recherchierte sie Daten und Fakten zu den Förderprojekten, die als Grundlage für Pressemeldungen oder Blogbeiträge dienten. Sie nahm an Teamsitzungen teil, bekam einen Einblick in das Fördersystem der Aktion Mensch und deren Zusammenarbeit mit Verlagen und Zeitschriften. Über zwei Förderprojekte (Links siehe unten) bloggte sie selbst.

Traumjob im Blick

„Es war jeden Tag etwas anderes und alles sehr abwechslungsreich“, zieht die 21-Jährige eine Bilanz ihres Praktikums. Auch die Arbeitsatmosphäre mochte sie: „Mir hat sofort gefallen, dass hier ein offenes und freundliches Verhältnis zueinander herrscht“, erzählt sie. „Man hat als Anfängerin keine Angst, auf jemanden zuzugehen und um Hilfe zu bitten.“

Ihre positiven Erfahrungen haben Anna Gieraths davon überzeugt, bei der Aktion Mensch zu bleiben. Seit August 2014 macht die ehemalige Praktikantin eine zweijährige Ausbildung zur Büromanagerin im Bereich Lotterie/Finanzen. „Ich freue mich, dass ich hier bleiben kann“, sagt sie. Sie lernt gerne Neues. Ihren Traumjob im Marketing behält sie derweil im Blick. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

 

Linktipps:

Vom Seminargebäude zum Ort der Erholung. Blogbeitrag von Anna Gieraths zum Förderprojekt Kupferhof

Lieblingsstück maßgeschneidert. Blogbeitrag von Anna Gieraths zum Förderprojekt Nähwerk

Hausmeister XXL. Porträt von Carmen Molitor über Klaus Deichelmann, den Leiter Organisation der Aktion Mensch

Zwischen Briefkastenonkel und Kampagnenmacher. Blogbeitrag von Carmen Molitor über Christian Schmitz, den früheren stellvertretenden Pressesprecher der Aktion Mensch

Glücksfee ohne Casting. Porträt von Carmen Molitor über Angela Hofmeister, früher TV-Glücksfee in „Der große Preis“ und heute Hüterin des Aktion Mensch-Logos

Beraten statt bedrängen. Blogbeitrag von Carmen Molitor über Stephan Weltring, der das Callcenter der Aktion Mensch vor 15 Jahren neu aufgebaut hat

(Carmen Molitor)

Frohe Weihnachten

$
0
0
Bisher versinken wir noch nicht im Schnee und den Traum "Weiße Weihnacht" müssen wir wohl an den meisten Orten ins nächste Jahr verschieben. Trotzdem möchten wir Ihnen mit einer besonderen Interpretation des Klassikers "Schneeflöckchen, Weißröckchen" ein frohes Fest wünschen. Und wer weiß, vielleicht fällt ja hier und da doch noch eine kleine Schneeflocke.

Lisa Ulrich interpretiert den Weihnachtsklassiker in Gebärdensprache – mit Weihnachtsmütze und vor dem Tannenbaum der Aktion Mensch. Ein Förderprojekt von uns liefert dazu den passenden Gesang mit Klavierbegleitung. In dem inklusiven Chor aus Aachen machen Erwachsene und Jugendliche mit und ohne Behinderung unter dem Motto "Singen – Alle zusammen" gemeinsam Musik. Umgesetzt wird dieses Projekt durch die Zusammenarbeit des Vinzenz-Heims und der Katholischen Hochschule NRW.

Mit diesem Video wünschen wir Ihnen allen ein wunderschönes Weihnachtsfest!

Sehen Sie auch das Video zu diesem Beitrag

(Redaktion )

Danke, Rudi!

$
0
0
Seit einem Jahr begleitet uns Rudi Cerne als ehrenamtlicher Botschafter – wir sagen danke!

Der Fernsehmoderator und ehemalige Leistungssportler Rudi Cerne blickt auf das erste Jahr seiner ehrenamtlichen Botschafter-Tätigkeit zurück. Während dieser Zeit erlebte er viele spannende und emotionale Momente – unter anderem in zwölf, von der Aktion Mensch geförderten, sozialen Projekten. Bei seinen Besuchen im Münchner Restaurant „Conviva“, dem Hotel „INNdependence“ in Mainz, der Wohnschule des St. Vincenzstifts in Rüdesheim oder zahlreichen weiteren Einrichtungen begegnet er Menschen vor Ort, die tagtäglich versuchen, die Gesellschaft immer inklusiver werden zu lassen. Er ist überzeugt davon, dass alle gleichberechtigt teilhaben können: „Die Inklusion soll so weit vorangetrieben werden, dass sie bald zur Normalität wird.“

Rudi, danke für ein wundervolles Jahr und die gemeinsame Zusammenarbeit, der du dich mit großer Empathie widmest und freuen uns auf die Zukunft mit dir als ehrenamtlichem Aktion Mensch-Botschafter.

 

Sehen Sie auch das Video zu diesem Beitrag

(Redaktion )

Was wünschst Du Dir?

$
0
0
Was wünschst Du Dir im Jahr 2015? Das haben wir ganz unterschiedliche Menschen gefragt, unter anderem eine Lotterie-Teilnehmerin, Blogger, Mitarbeiter und unseren Vorstand. Dabei heraus kamen interessante, nachdenkliche und unterhaltsame Antworten.
 

Ich wünsche mir im Jahr 2015 weniger Vorurteile, zum Beispiel in der Disco: "Oh wie schön, dass du trotzdem feiern gehst!" Und gute Vorsätze - wie jedes Jahr: mehr für die Uni tun!!!! Außerdem (obwohl ich Bochum liebe) mehr aus der Stadt rauskommen. Ich freue mich auf die nächste Städtetour!"

 

"Ich wünsche mir, dass wir mit JAM! noch mehr Leute erreichen und freue mich auf verrückte Aktionen mit Kübra! Mein ganz persönliches Ziel ist es dieses Jahr surfen zu lernen, mal sehen, ob das klappt. Und auf Reisen muss ich natürlich auch! Per Anhalter Richtung Süden oder eine ausgiebige Kanutour. Mindestens!

JAM-Moderatoren Kübra Sekin und Christian Loß sitzen nebeneinander und lachen.

Melanie Pukallus räumt die Waschmaschine ein.

Ich bin 30 Jahre alt und wohne mit meiner Tochter Pia  (2 Jahre) erst seit kurzer Zeit in der begleiteten Elternschaft in dem neuem Haus der Lebenshilfe Frankfurt/Oder. Ich wünsche mir für 2015 einen Neuanfang mit meiner Tochter. Ich möchte lernen, wie ich mich noch besser um sie kümmern kann. Ich habe nun endlich meine eigenen vier Wände. Hier kann ich lernen, mich allein um meinen Haushalt zu kümmern. Ich möchte an vielen Veranstaltungen teilnehmen und neue Freunde kennenlernen.

Ich plane einen schönen Urlaub auf der Insel Fuerteventure mit meiner Familie und möchte sportlich wieder etwas aktiver werden – im letzten Jahr war ich ziemlich träge. Mein größter Wunsch für 2015 ist schlicht und ergreifend, dass meine Familie und meine Freunde gesund bleiben. Als Botschafter der Aktion Mensch wünsche ich mir, dass wir wieder spannende geförderte Projekte besuchen und interessante Menschen treffen.

Aktion Mensch Botschafter Rudi Cerne

Katharina Hovestädt

Ich freue mich auf viele neue Erfahrungen und verantwortungsvolle Aufgaben in meinem Volontariat bei der Aktion Mensch. Außerdem wünsche ich mir ein Jahr voller lustiger Momente, Erlebnisse und Abenteuer mit meinen Freunden und meiner Familie.

Für das Jahr 2015 wünsche ich mir, dass wir in ganz alltäglichen Situationen erleben, wie bereichernd die Begegnung mit unterschiedlichen Menschen ist. Wir planen in diesem Jahr zahlreiche Aktionen, die Menschen mit und ohne Behinderung in Kontakt bringen. Vielleicht schaffen wir es auf diese Weise, das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung zu stärken.

Armin von Buttlar lächelt in die Kamera

Raul Krauthausen lächelt in die Kamera

Ich wünsche mir für 2015...
...dass alle Menschen das Recht auf ein faires Einkommen und Sparen haben,
...dass Vielfalt endlich als Zauber und nicht als Utopie erkannt wird,
...dass alles für alle überall zugänglich ist: z.B.: Bildung, Arbeit und Freizeit,
...dass Inklusion kein abgeschlossenes Konzept, sondern ein gesellschaftlicher Wandel ist und
...dass wir mehr gemeinsam an Lösungen arbeiten, statt in der Kritik stehen zu bleiben.

 


 

Ich wünsche mir für 2015 die Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes, das es Menschen mit Behinderung ermöglicht, Leistung im Arbeitsleben zu zeigen und auch etwas davon zu haben, anstatt ihr Einkommen für Assistenzleistungen einsetzen zu müssen.

 

Petra Strack lächelt in die Kamera

Anfang des Jahres werden wir vom Blinden- und Sehbehindertenverein die Wahlkampfzeit in Hamburg nutzen, um uns für die Interessen blinder und sehbehinderter Menschen stark zu machen. Und schließlich wünsche ich mir Gesundheit und viele sonnige Tage an der frischen Luft und glückliche Momente mit Freunden und meiner Frau. Wir starten gleich im Januar mit unseren Flitterwochen auf den Azoren.

(Redaktion )


Blut spenden inklusive

$
0
0

Ein Mann im weißen Kittel prüft Blutspendebeutel, die an einem Gestell hängen

Wenn in Unterfranken wieder ein Blutspendetermin ansteht, dann sind die Freiwilligen vom Roten Kreuz gefragt. Markus Brand ist einer der Engagierten, die an einem Inklusionsprojekt teilnehmen, das in ganz Deutschland Schule machen könnte.

Wenn das Ehrenamt ruft, bedeutet das für Markus Brand einen langen Tag. Gegen vier Uhr kommt der 29-Jährige von seiner Arbeit in einer Klostermetzgerei, in der mehrere Menschen mit Behinderung arbeiten. Gleich danach geht es weiter zum Roten Kreuz. Bei Blutspendeterminen in Bad Königshofen oder Großbardorf ist Brand mit vier weiteren Freiwilligen am Start, die alle in Einrichtungen der Behindertenhilfe arbeiten. Per Telefon oder E-Mail sorgt er dafür, dass alle pünktlich vor Ort sind. Zusammen mit der ehrenamtlichen Blutspendekoordinatorin Marion Kegel übernehmen die Engagierten dann den kompletten Auf- und Abbau und betreuen die Spender.

Tatkräftige Unterstützung

Mit dabei sind weitere Ehrenamtliche vom Roten Kreuz, die etwa die Ausrüstung zu der Schule oder Sporthalle fahren, in der gespendet wird. Markus Brand erzählt: „Wir tragen dann die gesamte Ausrüstung und die Verpflegung dorthin, wo sie gebraucht wird.“ Danach decken die tatkräftigen Freiwilligen die Tische ein, an denen die Spender später eine Mahlzeit bekommen. Ist der letzte Blutspender versorgt, wird wieder eingeräumt. Dann ist es oft schon halb neun abends.

Die Ärzte und das übrige Personal des Blutspendedienstes freuen sich über die tatkräftige Unterstützung. Markus Brand weiß: „Die mögen uns richtig, weil wir gut mithelfen.“ Und auch die Spender honorieren den ehrenamtlichen Einsatz der jungen Freiwilligen. Neben den vielen positiven Rückmeldungen ist der Freiwilligeneinsatz für Markus Brand auch eine willkommene Abwechslung von der Arbeit in der Metzgerei.

Erfolgreiches Projekt

2011 hat der Kreisverband Rhön-Grabfeld des Bayerischen Roten Kreuzes das Freiwilligenprojekt als Teil der offenen Behindertenarbeit gestartet. Inzwischen beginnt sich der Erfolg des Projektes herumzusprechen. So setzt sich in Bamberg eine Studentin dafür ein, dort ein ähnliches Angebot beim Roten Kreuz zu etablieren. Interessierte können Petra Weber, die Initiatorin und Leiterin des Projekts beim Kreisverband Rhön-Grabfeld, ansprechen.

Überall in Deutschland suchen Blutspendedienste nach freiwilliger Unterstützung, Angebote finden Sie in unserer Freiwilligendatenbank.

(Henrik Flor)

Rein ins Nachtleben!

$
0
0

Graf Fidi und ein weiterer Rapper beim Konzert auf der Bühne

In Clubs und auf Konzerte zu gehen, das gehört zum Leben junger Menschen dazu. Hier trifft man sich, feiert zusammen und lernt neue Leute kennen. Für Menschen mit Behinderung ist es oft eine Herausforderung, diese Orte zu besuchen. Denn nur wenige sind barrierefrei. Der 33-jährige Rapper Fidi Baum tut es trotzdem.

Ein kleiner Club in Berlin: Elektronische Beats wummern aus den Lautsprecherboxen, dazu rappen zwei junge Männer auf der Bühne. Einer sitzt auf einem Klappstuhl, der andere steht daneben. Auf der Tanzfläche vor ihnen ein Dutzend Gäste: stehend oder in Rollstühlen. Sie wiegen die Oberkörper im Takt, wippen mit den Knien oder zwirbeln ihre Arme durch die Luft. Jeder so, wie es geht. Dass Menschen mit und ohne Behinderung in einem Club gemeinsam feiern, ist ungewöhnlich. Denn meistens scheitern diese Begegnungen daran, dass Clubs nicht barrierefrei sind. An diesem Abend hat der Lebenshilfe e.V. die Menschen zusammengebracht, zum inklusiven Festival„Rock am Berg“ eingeladen.

Rappen für Inklusion

Die zwei Rapper sind die Ersten. Einer von ihnen ist Hans-Friedrich Baum, 33 Jahre, Rollstuhlfahrer und Inklusionsaktivist. „Hey, Rock am Berg“, ruft er voller Elan in die Menge, so, als ob da Tausende sind. Als Rapper nennt er sich Graf Fidi, und in seinen Texten geht es oft um Inklusion, aber auch ums Reimen, Rassismus, Berlin und natürlich darum, wie super-cool er ist. Schließlich ist er Rapper. Und als solcher tritt er aber nicht nur bei inklusiven Partys auf, sondern ist deutschlandweit in Clubs und auf Festivals unterwegs.

Eine barrierefreie Bühne hätte er eigentlich immer gern, erzählt er nach dem Konzert. „Das klappt aber sehr selten. Die wenigsten Locations sind barrierefrei.“ Er sieht es locker und scherzt: „Ich brauche nicht unbedingt ein Rampe. Wenn mich vier Leute auf die Bühne hieven, ist das auch okay.“ Er könne ja auch ein paar Stufen laufen, sagt er. Das musste er an diesem Abend mal wieder tun, um überhaupt auf die Bühne zu kommen.

Mit dem Rollstuhl in die Clubs

Auch privat geht er oft mit seinen Kumpels aus, das ist für ihn selbstverständlich. Schließlich gibt es in Clubs nicht nur Musik, sondern man feiert zusammen und lernt neue Leute kennen. Meistens gehen Baum und seine Kumpels in den Club Cassiopeia. „Da ist alles ebenerdig“, sagt er. „Da komme ich mit dem Rollstuhl durch die Türen und es gibt eine barrierefreie Toilette.“ Er habe festgestellt, erzählt er, dass es mittlerweile ebenerdige Eingänge oder Rampen in den meisten Clubs gibt. „Eine Herausforderung sind aber die Behindertentoiletten“, sagt er. „Die sind oft nicht vorhanden.“

Welche Berliner Clubs barrierefrei sind oder wenigstens teilweise, das können Interessierte in der Datenbank Mobidat erfahren. Wer dort „Nachtleben“ in die Suchmaske eingibt, bekommt 16 Diskotheken und Musikclubs angezeigt. Das Haus 13 im Pfefferberg, wo an diesem Abend die Konzerte stattfinden, ist auch darunter. Hier finden regelmäßig inklusive Konzerte statt – organisiert vom Verein Handiclapped.

Begegnungen wagen

Zwar gibt es mittlerweile eine gute Auswahl an barrierefreien Clubs in Berlin, trotzdem nehmen nicht viele Menschen mit Behinderungen das Abenteuer Nachtleben auf sich. Auch für Fidi Baum alias Graf Fidi sind fehlende Rampen bei weitem nicht das größte Problem im Nachtleben. „Das sind für mich die Leute, die betrunken über mich drüberfallen und dann rumpöbeln“, sagt er. Zum Glück ist er selbstbewusst und hart im Nehmen. „Aber ich sehe nur selten mal andere Rollstuhlfahrer in einem Club“, sagt er. „Wahrscheinlich trauen sich viele nicht.“

 

Linktipps:

Rock'n'Rolli: Party für Menschen mit und ohne Handicap. Blogbeitrag von Katja Hanke über Inklusion im Club

Party auf vier Rädern. Blogbeitrag von Petra Strack über Behinderungen im Nachtleben

Wenn ich feiern gehe ... Blogbeitrag von Luisa Eichler über Berührungsängste von Jugendlichen gegenüber Rollstuhlfahrern

Aber bitte mit Fahrstuhl! Blogbeitrag von Katja Hanke über gelebte Inklusion in einer Berliner Wohngemeinschaft

Graf Fidi mit einem Freund

(Katja Hanke)

Burger à la Inklusion

$
0
0

Zwei Mitarbeiter des Restaurants stehen in der Küche und lächeln in die Kamera. Neben ihnen sind die Zutaten für Burger.

Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten Hand in Hand im Bonner Restaurant „Godesburger“. Zum Beispiel Judith Eltner und Davut Dere-Knapp. Die beiden Kollegen haben sich von Anfang an gut verstanden. Sie kommunizieren in Gebärdensprache.

Acht Minuten. So lang dauert es in der Regel, bis der Spezial-Burger "Grillkirsche" fertig ist. Dann summt und brummt die elektronische Wartemarke, die der Gast nach seiner Bestellung in die Hand gedrückt bekommt: Der Burger mit dem hausgemachten Kirschketchup kann abgeholt und der Hunger gestillt werden.

Während der Gast seinen Burger genießt, wird in der Küche die nächste Bestellung bearbeitet. Es werden Zucchini gegrillt und Paprikas geschnitten. In der Küche des Restaurants „Godesburger“ hört man die Geräusche des Messers auf dem Schneidebrett, das Klirren der Töpfe und das Brutzeln des Gemüses in der Pfanne. Die Anweisungen und Gespräche von Judith Eltner und Davut Dere-Knapp sind allerdings lautlos. Sie unterhalten sich in Gebärdensprache.

Die 25-jährige Schichtleiterin aus Bergisch Gladbach und der 41-jährige Burger-Brater aus Bonn gehören zum Gründungs-Team von Deutschlands erstem inklusiven Burger-Restaurant. Seit Anfang September 2014 arbeiten sie im „Godesburger“ in Bonn-Bad Godesberg. Jeden zweiten Tag treffen sich Judith Eltner und Davut Dere-Knapp in der Küche der inklusiven Einrichtung, die von der Aktion Mensch gefördert wird.

Jeden Tag voneinander lernen

Davut Dere-Knapp ist gehörlos und freut sich deshalb, dass seine Schichtleiterin Judith Eltner zum Start des „Godesburgers“ bereits Gebärdensprache konnte, weil sie vorher aus einfachem Interesse zwei Gebärdesprachkurse belegt hat. „Seitdem habe ich viel von ihm gelernt“, erzählt sie. Davut Dere-Knapp stammt aus der Türkei, wo die Gebärdensprache ein wenig anders ist als in Deutschland. Für das Wort „Burger“ etwa gibt es hier wie dort andere Gebärden.

Judith Eltner berichtet, dass es im „Godesburger“ deutlich ruhiger zugeht als in anderen Küchen – und das liegt nicht nur an der Gebärdensprache: „Es ist nicht so hektisch.“ Die Atmosphäre in dem Restaurant am Bad Godesberger Moltkeplatz ist viel entspannter als in den Filialen der bekannten Burger-Ketten. Das spürt auch der Gast: Der Laden bietet eine angenehme Atmosphäre, in der die Gäste ihren Burger mit handgeschnittenen Pommes und Bio-Limo genießen können.

„Das Team ist ein einzigartiger, bunter Haufen“

In dem Restaurant arbeiten mittlerweile fünf Menschen mit Behinderung, darunter auch ein Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten und ein Autist. Insgesamt besteht das Team aus 20 Mitarbeitern, die sich den Dienst an sieben Tagen in der Woche im „Godesburger“ teilen. „Das Team ist einzigartig“, sagt Judith Eltner, die zuvor für ein Catering-Unternehmen in der Krankenhausverpflegung tätig war. „Das Team ist ein ganz bunter Haufen, und wir passen einfach super zusammen.“

Autor: Sascha Stienen

 

Linktipps:

Webseite des Restaurants "Godesburger"

Weitere Förderprojekte der Aktion Mensch

Informationen rund um Inklusion und Arbeit

 

(Redaktion )

Erstens kommt es anders und zweitens...

$
0
0

Zwei junge Frauen stehen vor einer Frühstückstafel und halten einen Teller mit Aufschnitt.

Das junge Team eines Bielefelder Energiedienstleisters wollte sich eigentlich nur einen Tag lang in einem Seniorencafé engagieren. Doch die Rechnung hatten sie ohne die älteren Semester gemacht. Inzwischen unterstützen zwei Mitarbeiterinnen regelmäßig die Hochbetagten. Dabei lernen sie Menschen kennen, denen sie sonst nie begegnen wären.

Es sollte ein klassischer „Social Day“ werden, also ein Tag, an dem sich die Mitarbeiter eines Unternehmens für eine gute Sache einsetzen. Die Firma „greenergetic“ hatte gerade in Bielefeld ihr Büro eröffnet, dem Chef ist soziales Engagement wichtig und deshalb war er spontan von dem Angebot der örtlichen Freiwilligenagentur begeistert: Sie bietet Unternehmen Einmal-Engagements an – und dies durchaus mit dem Hintergedanken, dass daraus etwas Langfristiges entsteht. Andrea Vahrenhorst, Leiterin der Freiwilligenagentur Bielefeld, erklärt: „Unser Ziel ist es natürlich immer, die Firmen bzw. die Mitarbeiter für regelmäßige Engagements zu gewinnen. Aber das machen wir eben nicht mit der Brechstange…“

Die Mitarbeiter von „greenergetic“, die sonst hauptsächlich am Computer arbeiten, wollten an dem Social Day etwas Praktisches machen. Die Idee: Das Team sollte einen Tag lang das Seniorencafé KUNZ aufmöbeln. Im November 2013 krempelten die sechs Mitarbeiter also die Ärmel hoch, entrümpelten, strichen und bauten Regale in der diakonischen Einrichtung auf.

Die Leitung des Seniorencafés und die Freiwilligenagentur sorgten dafür, dass auch die regelmäßigen Besucher des Cafés vor Ort waren und – wo es ging – zusammen mit dem Einsatztrupp anpackten. Anja Rogowski, die bei „greenergetic“ als Projektleiterin arbeitet, erinnert sich: „Wir haben dann zusammen gestrichen, gewerkelt und Kaffee getrunken. Da kam man ganz von selbst ins Gespräch. Die Kollegen und ich sind alle unter 30, aber wir haben uns trotz des Altersunterschiedes sofort mit den Senioren verstanden.“ Nach dem gemeinsamen Arbeitstag war klar, dass es nicht bei dem einen Social Day bleiben würde. Anja Rogowski besprach mit der Leitung des Seniorencafés, wie man sich in Zukunft für die Senioren engagieren könnte. Schnell war klar, dass das monatliche Hochbetagten-Frühstück der richtige Rahmen dafür wäre.

Mit Anja Rogowski und Henrike Engels fanden sich zwei Kolleginnen, die sofort bereit waren, regelmäßig das Hochbetagten-Frühstück zu unterstützen. Anja Rogowski erzählt: „Wir schmieren dann Brötchen und decken den Tisch, schenken Kaffee aus, unterhalten uns und verbringen einfach eine schöne Zeit zusammen.“ Sie selbst hat keine Großeltern und weiß den Kontakt zu den Älteren zu schätzen. Mit jedem Treffen lernt man sich besser kennen und ist gespannt, was der andere Neues zu erzählen hat.

Dabei war Anja Rogowski zuerst skeptisch, als die Idee vom Social Day aufkam, und dachte vor allem an die Arbeitszeit, die dann sicher nachgeholt werden müsste. Nach der ersten Begegnung mit den Senioren waren die Bedenken dann schnell verflogen. Und die regelmäßigen Besuche im Hochbetagten-Frühstück kann sie sogar während der Arbeitszeit machen.

Passende Engagements in der Freiwilligendatenbank

Internetangebot der Freiwilligenagentur Bielefeld

(Henrik Flor)

Nicht nur gute Co-Piloten

$
0
0

Ein Mann im Rollstuhl und eine Frau stehen im Türrahmen vor einem Treppenhaus. Sie lächeln in die Kamera.

Charlotte und Serge sind seit 1,5 Jahren ein Paar. Seit seinem 20. Lebensjahr sitzt Serge nach einem Unfall im Rollstuhl. In der Beziehung der beiden spielt das keine Rolle. Charlotte erzählt vom Kennenlernen und dem Alltag des Paares.

„Wir reisen gerne gemeinsam, sind oft in der Natur, fahren Rad, reiten oder wandern. In unserem ersten gemeinsamen Urlaub waren wir paragliden – wir sind eben gerne sportlich unterwegs.“ Würde man bei Charlottes Erzählungen darüber nachdenken, ob einer der beiden eine Behinderung hat? Nein. Und auch in der Beziehung der beiden spielt es keine Rolle, dass Serge im Rollstuhl sitzt. Genau so wenig wie der Altersunterschied von 9 Jahren. Sie ist 33, er 42. Oder dass die beiden lange Zeit 1200 km trennten, weil Serge in Frankreich lebt. „Wir haben uns einfach kennengelernt und ineinander verliebt. Mit allem drum und dran.“

Charlotte war damals als persönliche Assistenz für eine junge Frau im E-Rollstuhl auf einer Reha-Messe in NRW unterwegs. Der Stand von Serge war direkt gegenüber vom Messe-Auftritt ihrer Arbeitgeberin. Serge hat dort unter anderem seinen eigens entworfenen und selbst gebauten Aktiv-Rollstuhl "TraceS" präsentiert –  ein sportliches, geländetaugliches Modell mit drei Rädern und einem Stoßdämpfer. Schon während der Messe kam es zu viel Blickkontakt und kurzen Gesprächen, ein richtiges Kennenlernen war aber nicht möglich. Doch Serge gab ihr kurz vor der Abfahrt seine Karte. Was folgte, waren viele Mails und der schnelle Entschluss, sich in Charlottes Heimat Hamburg wiederzusehen. Da Serge gerade die Sommerferien mit seiner Tochter verbrachte, nahm er die Achtjährige kurzerhand mit und Charlotte zeigte den beiden die Hansestadt und ihr buntes Viertel St. Pauli. Seitdem sind sie ein Paar.

Die Beziehung brachte dann einige Autofahrten und viele Hin- und Rückflüge mit sich. „Mein Job als persönliche Assistenz ermöglicht es mir, auch mal einige Zeit am Stück freizuschaufeln, so dass wir die 1,5 Jahre Fernbeziehung ganz gut gemeistert haben.“ Dass die beiden gerne Auto fahren, hat dabei sicherlich auch geholfen – „wir sind füreinander gute Co-Piloten und gerne mal im Auto unterwegs“. Nun soll aber trotzdem Schluss damit sein. Charlotte packt gerade ihre letzten Kartons und zieht zu Serge nach Frankreich. Französisch hat Charlotte der Liebe wegen schon innerhalb relativ kurzer Zeit und ohne große Mühen gelernt.

„Von und in unserer Beziehung habe ich aber besonders gelernt, was alles möglich ist, wenn man wirklich will und sich traut dem anderen zu zeigen, dass man vorbehaltlos für ihn da ist.“ Ein paar Situationen gab es, über die man vielleicht kurz gegrübelt, dann aber eigentlich immer gelacht hat. Beispiel: Miteinander tanzen. „Man könnte sich überlegen: Wie um Himmels willen sollen wir auf der Hochzeit einer Freundin zusammen tanzen – ohne blaue Schienbeine, aber mit einer gewissen Grazie? Oder auf einem Festival in der Menge. Fazit: Einfach machen, es funktioniert!“ Oder die Treppe zu Charlottes Wohnung: Ohne Hilfe kaum machbar. Aber mit der richtigen Motivation geht auch das. Auch wenn dabei herrlich viele Dinge „schieflaufen“ können und man sich im Endeffekt darüber schlapp lacht, erzählt Charlotte. „Einmal hatte ich den Rollstuhl bereits die 15 Stufen hochgetragen, Serge"geht" langsam rauf, ich will am Eingang die Tür wieder schließen und in der Zwischenzeit macht sich der bereits oben geparkte Rollstuhl selbstständig und rollt, hüpft und springt die Stufen wieder runter, über uns hinweg. Nix passiert, zum Glück.“

Das nächste Vorhaben der beiden: Mehr Musik zusammen machen. Charlotte spielt Mandoline und singt, Serge spielt etwas Gitarre und bald Cajon, eine Art Akustik-Schlagzeug. „Wir haben ausgemacht, dass wir im November zehn Lieder zusammen performen können“. Mehr Zeit zu üben haben die beiden ja nun im gemeinsamen Alltag in Frankreich.

 

Linktipp:

Blog-Beitrag "Burger à la Inklusion" - Ein gutes Mitarbeiter-Duo

(Redaktion )

Viewing all 340 articles
Browse latest View live