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Mit dem Rollstuhl auf Jamaika

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Dennis Zittlau mit lachenden jamaikanischen Schülern

Dennis liebt Reggae-Musik – und er wollte schon immer in deren Ursprungsland, nach Jamaika. Gesagt, getan.

Wie komme ich an ein barrierefreies Zimmer? Muss ich beim Flug etwas bedenken? Wie weit sind die Wege auf Jamaika? Was will ich überhaupt unternehmen? Für alles gab es eine Antwort, und nach ein paar Wochen Vorbereitung hieß es für den Musiker aus dem Münsterland: Weg von den winterlichen Temperaturen, ab in die Karibik!

Wie es sich – nur von seinem Rollstuhl begleitet – reist, erfahrt ihr in seinem Video-Bericht. Viel Spaß :-)

Sehen Sie auch das Video zu diesem Beitrag

Linktipps:

Der Song aus dem Jamaika-Video: „Unstoppable“ von Sittin' Bull (feat. OC G)

Noch mehr Songs, Bilder und Infos: Die Homepage von Sittin' Bull

Im Rolli zum Reggae: Die Westfälischen Nachrichten über die Jamaika-Reise von Dennis Zittlau aka Sittin' Bull

Unheilbar neugierig: MENSCHEN. das magazin über den querschnittsgelähmten Reisejournalisten Andreas Pröve

Gemeinsam unterwegs: MENSCHEN. das magazin über Reiseassistenz und Unterstützung im Urlaub für Menschen mit Behinderung

Zwei Reisevögel auf vier Rädern: Volker und Iris Westermann haben fast die ganze Welt bereist – im Rollstuhl und mit Glasknochenkrankheit

Reisen mit allen Sinnen. Ulrich Steilen über ein Reiseunternehmen, das gemeinsame Touren für blinde, sehbehinderte und sehende Reisegäste veranstaltet

Urlaub – alles inklusiv? Petra Strack über die Tücken einer Reise mit Rollstuhl

Mehr zum Thema „Urlaub und Begegnung“ findet ihr beim Familienratgeber

(Redaktion )


Selbstverständlich barrierefrei!?

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Eine Frau steht an einer Bushaltestelle. Sie hält einen Langstock in der Hand und drückt auf einen Taste.

„Linie 8 Papierfabrik in 5 Min.“ steht auf der digitalen Informationstafel an einer Kasseler Straßenbahnhaltestelle. Drückt Birgit Schopmans, die selbst blind ist, den Knopf, wird ihr diese Echtzeitinformation auch per Lautsprecher durchgesagt. Bei der Kasseler Verkehrsgesellschaft ist das mittlerweile Standard – aber wie sieht es sonst aus mit der Barrierefreiheit bei neuen Technologien? Ottmar Miles-Paul hat für uns nachgehakt.
 

Tastbare Armbanduhren, auf Kassette gesprochene Hörbücher, sprechende Personenwaagen – solche Hilfsmittel wurden früher vor allem von blinden Menschen genutzt. Heute sieht es anders aus: Die Sprachsysteme von Smartphones, Tablets oder Navigationshilfen bieten darüber hinaus ganz neue Zugangsmöglichkeiten zu Informationen. Und diese bringen nicht nur große Vorteile für Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen, sondern werden auch häufig von Menschen genutzt, die keine Einschränkungen haben. Denn sie sind oft bequemer nutzbar.

Mich verwundert deshalb auch nicht das Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Umfrage die YouGov Deutschland im Auftrag der Aktion Mensch durchgeführt hat. 62 Prozent der Befragten haben da angegeben, dass sie glauben, digitale Innovationen (z.B. Apps oder spezielle Software) können helfen, reale Barrieren im Alltag abzubauen.

Neue Barrieren entstehen täglich

Doch was breiten Rückhalt in der Bevölkerung findet, ist hierzulande noch längst nicht die Regel. Denn es gibt bisher in Deutschland kaum verbindliche gesetzliche Vorgaben, dass Dienstleistungen und Produkte privater Anbieter barrierefrei gestaltet werden müssen. So wartet Birgit Schopmans beispielsweise immer noch auf einen barrierefrei nutzbaren Geldautomaten in ihrer Bank und ärgert sich über so manche für sie nicht nutzbare Internetseite.

Während 77 Prozent der von YouGov Deutschland Befragten strengere gesetzliche Vorgaben für den Abbau von Barrieren befürworten, hat die Bundesregierung dies in ihrem Gesetzesentwurf für die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts nicht vorgesehen. So werden trotz vorhandener und beispielsweise in den USA längst vorgeschriebener Lösungen, hierzulande täglich neue Barrieren im Internet und bei Produkten errichtet, die Menschen mit ganz unterschiedlichen Beeinträchtigungen behindern.

Einsatz für klare gesetzliche Regelungen

Birgit Schopmans setzt sich deshalb zusammen mit vielen anderen dafür ein, dass zukünftig Internetseiten, technische Geräte und Dienstleistungen für alle barrierefrei nutzbar sein müssen. Sie hofft, dass die Bundestagsabgeordneten gesetzliche Regelungen im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz beschließen, die eine barrierefreie Gestaltung öffentlicher Dienstleistungen und Produkte vorschreibt. Und sie ist sich sicher, dass davon viele profitieren, nicht zuletzt die Hersteller barrierefreier Produkte, die damit international konkurrenzfähiger werden.

 

Linktipps:

Barrierefreiheit - Was heißt das?

Zahlen und Fakten zum Thema Barrierefreiheit

Weitere Themen rund um Barrierefreiheit (Aktion Mensch)

(Ottmar Miles-Paul)

#otc16: Barrieren gemeinsam überwinden

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Viele Menschen stehen vor einer Wandtafel und sehen sich den dort aufgehängten Sessionplan des BarCamps an.

Rund 100 Menschen haben auf dem openTransfer Camp Inklusion in München über Inklusion, (digitale) Barrierefreiheit und virtuelle Sozialräume diskutiert. Johannes Mirus und Sascha Foerster waren für uns dabei.

Samstag, 9:52 Uhr in München: Los geht's! Wir kommen im Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE) an, füllen schnell unsere Namensschilder aus und stürzen uns neugierig ins Getümmel. Wir sind gespannt, über welche Themen wir heute sprechen werden und wie die Stimmung insgesamt ist.

Wir brauchen mehr Räume!

Die erste Überraschung: Viele der Besucher sind „Wiederholungstäter“ und kennen sich schon mit Barcamps aus. Entsprechend routiniert verläuft die Sessionplanung. Bei Barcamps ist es ja immer so, dass die Besucher zusammen das Programm zusammenpuzzeln. Jeder kann eine Session vorschlagen. In München gibt es so viele Ideen, dass spontan zusätzliche Räume geschaffen werden, damit auch alle vorgeschlagenen 20 Sessions stattfinden können. Am Ende wird immer zeitgleich in jeweils fünf Räumen diskutiert.

Barrierefreie Karten und inklusive Mode

Barrierefreiheit, das ist eins der Hauptthemen von diesem openTransferCamp, und gleich zu Beginn geht es dann in zwei Sessions parallel um Barrierefreiheit in Stadtplänen. Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze, mit denen sich jeweils eine Gruppe beschäftigt: Informationsgewinnung in einer kleinen Community, die durch eine Kontrollinstanz für eine hohe Qualität der Informationen sorgt – wie am Beispiel CBF München ersichtlich – oder die Open-Source-Variante TransforMap, bei der jeder Interessierte Daten hinterlassen kann. Nach etwa der Hälfte der Zeit zeigt sich, warum Barcamps eine tolle Konferenzform sind: Spontan werden die beiden Sessions zusammengelegt, sodass alle Beteiligten miteinander diskutieren und sich vernetzen können. Vielleicht entsteht ja im Nachgang eine noch bessere Lösung, die alle Wünsche berücksichtigt.

In einer anderen Session präsentiert Cinderella Glücklich ihre Idee von „Fashion für alle“. Sie selbst stellt immer wieder fest, wie wenig Mode es für sie als Rollstuhlfahrerin gibt, und gleichzeitig, wie überfordert viele Verkäufer mit der Situation sind, wenn sie um Rat gebeten werden. Sie möchte das mit einem Online-Projektändern und sucht noch Unterstützung.

Diskussionen und schlaue Sätze

Das Schöne bei BarCamps ist auch, dass man mit vielen Menschen ins Gespräch kommt. Das passiert ganz automatisch. Zum einen, weil man nie alle Sessions besuchen kann, die man gerne besuchen würde – und wissen möchte, was man verpasst hat. Zum anderen aber auch, weil man über Themen weiter sprechen möchte. Zum Beispiel über die geplante Studie zum Medienkonsum von Menschen mit Behinderung. Oder auch über die Frage, ob Social Media ein Sprachrohr für Menschen mit Behinderung sein kann.

Was wir neben viel Input mit nach Hause nehmen, ist dieser Satz von einem Besucher: „Wir sollten aufhören, von Inklusion zu reden und einfach ‚alle‘ sagen und meinen.“

 

Ein Blogbeitrag von Sascha Foerster und Johannes Mirus

 

Linktipps:

Storify: Social-Media-Rückblick auf das openTransfer Camp Inklusion in München

openTransfer CAMP Inklusion 2016: Sessionplan mit allen vorgestellten Themen

Begleitende Blogparade zum Thema „Wie kommt Barrierefreiheit im Netz voran?“

„Wir schauen dorthin, wo es noch hapert“. Ulrich Steilen über das openTransfer CAMP Inklusion 2015 in Dortmund

Was bedeutet eigentlich Barrierefreiheit im Internet? Domingos de Oliveira über ein Netz für alle

Unbehindert aktiv. Domingos de Oliveira über mangelnde Barrierefreiheit von Tools für Online-Aktivisten mit Behinderung

Mehr Infos und Links gibt's im Themenfeld Barrierefreiheit der Aktion Mensch

Zuhörer mit und ohne Rollstühle lauschen einem VortragVerschiedene Grüppchen von Besuchern diskutieren im Foyer des Barcamps miteinanderNahaufnahme von der Wandtafel mit dem Sessionplan: ein Zettel mit der Aufschrift "Fashion für alle. Warum ist Mode (noch) nicht inklusiv?"Session von Cinderella Glücklich: Die Teilnehmer sitzen im Halbkreis um die Referentin herumTeilnehmer im Foyer des Barcamps

(Redaktion )

Kunst für alle Sinne

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Uschi Baetz und Sebastian Schaaps

Kunst kann man hören, fühlen und, ach ja, sehen. Vor allem kann man über Kunst ins Gespräch kommen. Die Bundeskunsthalle lädt mit dem „Art Talk Inklusiv“ dazu ein. Ein Angebot für Menschen mit und ohne Behinderung.

Etwas düster hier, denke ich, als ich die Ausstellungsräume der Bundeskunsthalle in Bonn betrete, in der noch bis zum 21. Februar die Ausstellung „Japans Liebe zum Impressionismus“ gezeigt wird. An diesem Samstag bin ich mutmaßlich die einzige Besucherin, die das wegen ihrer Nachtblindheit so empfindet, denn die vielen anderen Gäste bewegen sich wie Fische im Wasser. Gut, dass die Kunstvermittler Uschi Baetz und Sebastian Schaaps mich durch die Ausstellung führen werden. „ArtTalk Inklusiv“ heißt das Angebot des Museums, das anlässlich der Impressionisten-Ausstellung ins Leben gerufen wurde und bei späteren Ausstellungen fortgeführt werden soll. An mehreren Terminen im Monat können Menschen mit und ohne Behinderung an dieser besonderen Führung teilnehmen und miteinander ins Gespräch kommen. Es geht darum, Kunstwerke auch anders als mit den Augen wahrzunehmen, doch Zielgruppe sind nicht nur Blinde und Sehbehinderte. Auch Menschen mit Sprachbehinderungen oder solche, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sind beispielsweise angesprochen – und natürlich Menschen ohne Handicap. „Wir möchten die Besucher dafür sensibilisieren, wie Menschen mit Beeinträchtigungen Dinge wahrnehmen und zum Beispiel einen Museumsbesuch erleben können“, erklärt Sebastian Schaaps.

Die Führung richtet sich nach den Wünschen der Besucher

Heute ist die Führung weniger inklusiv, vielmehr exklusiv: Ich bin die Einzige, die teilnimmt. „Der Zulauf ist unterschiedlich“, sagt Uschi Baetz. „Mal kommen Gruppen, mal Einzelpersonen – und wenn niemand kommt, gehen wir durch die Ausstellung, sprechen die Leute an, beantworten Fragen oder zeigen den Besuchern die Hör- und Taststationen.“ Noch nie sei es vorgekommen, dass die beiden in den drei Stunden, die die Veranstaltung dauert, nur geschwiegen hätten. Was die Länge der Führung und Erläuterungen betrifft, richten sich die Vermittler nach den Wünschen der Teilnehmer.

Nun aber auf zur Kunst! Im ersten Raum sind japanische Holzschnitte aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Sie gelangten auf verschiedenen Wegen nach Europa und beeinflussten die Impressionisten: Diese wählten nun für ihre Bilder auch kleine Ausschnitte statt einer totalen Ansicht, wie es damals üblich war. Weil ich schlecht sehen kann, darf ich nah an die Bilder herantreten, und wie schön: Kein Aufpasser pfeift mich zurück. Später sehen wir in einem anderen Raum einen japanischen Holzschnitt, der nur den Bug eines Bootes mit einer Frau zeigt: Monet, der japanische Holzschnitte sammelte, griff das Motiv in einem Gemälde auf, das an der gegenüberliegenden Wand hängt.

Ein Bild zu erfühlen, ist ganz schön schwierig

In einem weiteren Saal sind Bilder von Camille Pissarro, Alfred Sisley und Édouard Manet zu sehen. Alle Werke sind Leihgaben aus japanischen Sammlungen. Anhand einer Winterlandschaft von Pissarro erläutern Baetz und Schaaps die impressionistische Malweise, die zu ihrer Zeit, im ausgehenden 19. Jahrhundert, auf Widerstand stieß. Wer unscharf sieht, darf das bei den Impressionisten getrost auf deren Strichführung, die verschwimmenden Konturen, das flirrende Spiel von Licht und Schatten schieben. Wir kommen zur ersten „Hörbar“ – zwei Bänke, getrennt durch ein Mittelstück, in dem Lautsprecher und Kopfhörer untergebracht sind. Hier können sich die Besucher japanische Naturgedichte oder Erklärungen zu Werken, Motiven und zur Raumkonzeption anhören.

Was vor allem Blinde begeistert, sind die beiden Tastbars, sagt Sebastian Schaaps. Hier können reliefartige Bilder ertastet werden, die teils Motive aus den Werken der Ausstellung, teils frei entworfende japanische Motive darstellen. Die Künstlerin Susanne Ristow hat sie gestaltet. Und den Besuchern eine schwierige Aufgabe gegeben. Denn obwohl ich sehbehindert bin, gehört Tasten nicht zu meinen Gepflogenheiten: Nur mühsam erkenne ich die Motive mit den Fingern. Wenn einer den Anfang macht, trauen sich auch andere: Schon sind vier Besucher dabei, die Bilder ebenfalls zu erfühlen. Das ist ganz im Sinne der Kunstvermittler, die in dem Konzept einen „Mehrwert für alle“ sehen.

Wir verlassen die Ausstellungsräume – ich habe interessante Einblicke erhalten und würde gerne länger verweilen, wenn meine Füße nicht allmählich weh täten. Und ich freue mich, nach dem Gang durch die etwas düsteren Räume in das lichtdurchflutete Foyer zurückzukehren.

 

Die nächsten Termine für den Art Talk Inklusiv:

  • Samstag, 13. Februar, 14 bis 17 Uhr
  • Mittwoch, 17. Februar, 17 bis 20 Uhr

Eine Anmeldung ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Beratung: Birgit Tellmann, Bundeskunsthalle, Tel. 0228 9171-291

 

Linktipps:

ArtTalk Inklusiv“ in der Bundeskunsthalle Bonn

Kunst für den Kopf. MENSCHEN. das magazin über Kulturangebote der Bundeskunsthalle für Menschen mit Demenzerkrankung

Der blaue Engel wird greifbar. Ulrich Steilen über barrierefreie Führungen in der Deutschen Kinemathek in Berlin

Kunst für alle: Auch Hände können sehen. Heiko Kunert über die barrierefreien Ausstellungen des Künstlers Horst W. Müller

(Ute Stephanie Mansion)

Inklusives Stadionerlebnis

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Fußball-Fans sitzen auf der Tribühne. Hinten links im Bild ist ein Blindenreporter zu sehen. Er spricht in ein Mikrofon. Hinten rechts sitzt ein blinder Besucher. Er trägt Kopfhörer und hört dem Blindenreporter zu.

Wenn der Schiedsrichter das Spiel anpfeift, haben die meisten Stadionbesucher ihre Augen auf dem Ball. Blindenreporter gucken besonders genau hin, denn sie machen das Fußballspiel für Menschen mit Sehbehinderung erlebbar. Einer von ihnen ist Philipp.

„Foulspiel: Auf 16er Kantenhöhe ungefähr, in der Gladbacher Hälfte, rechte Seite.“ So hört es sich an, wenn Philipp seine Arbeit macht. Er ist Blindenreporter bei Bayer 04 Leverkusen und macht die Spiele im Stadion für Blinde und sehbehinderte Menschen erlebbar – ein Angebot, das es bereits in allen Stadien der ersten Bundesliga und fast allen Stadien der zweiten Liga gibt.

Detailgenaue Beschreibung ist das Wichtigste

Ballkontakte, Spielzüge, Aktivitäten auf der Trainerbank: Das Wichtigste bei einer Blindenreportage ist eine haargenaue Beschreibung von allem, was auf und um dem Spielfeld passiert. Der Reporter ist quasi eine Art Übersetzer – die Fans wollen das Spiel ihrer Lieblingsmannschaft schließlich so nah wie möglich mitverfolgen. Gelernt hat Philipp die Blindenreportage im  Blindenreporterkompetenzzentrum in Berlin. Das 2014 von Aktion Mensch, DFL und AWO gegründete Zentrum will ein flächendeckendes Angebot an Blindenreportagen schaffen und bildet dafür fußballbegeisterte Menschen wie Philipp zum Blindenreporter aus. Seit 1999 die erste Blindenreportage in Leverkusen eingeführt worden ist, gibt es deutschlandweit schon etwa 100 ehrenamtliche Blindenreporter. Bald sollen auf der Homepage der AWO außerdem alle Blindenreportagen zum Nachhören zur Verfügung stehen.

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Link-Tipps

Hier geht es zum Kompetenzzentrum für Sehbehinderten- und Blindenreportage (ZSBR)

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(Redaktion )

Blind im Stadion – Mittendrin statt nur dabei!

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Zentrum für Sehbehinderten- und Blindenreportage

Im Rahmen des Spiels zwischen Bayer 04 Leverkusen und SV Werder Bremen am 24. Spieltag wurde zusätzlich ein Projekt des Zentrums für Sehbehinderten- und Blindenreportage vorgestellt, dass von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Kooperation mit der Aktion Mensch, der Bundesligastiftung und der DFL realisiert wurde. Auf einer eigenen Homepage sollen die Reportagen für blinde und sehbehinderte Fans nach den Spielen zum Nachhören online gestellt werden und so das Angebot für blinde und sehbehinderte Fußballfans erweitern.

Fußballspieler in weißen und rot-schwarzen Trikots kämpfen im Strafraum um den Ball

Wie können blinde Menschen dem Spielgeschehen auf dem Rasen überhaupt folgen? Möglich macht's die Blindenreportage. Marcel, leidenschaftlicher Fußballfan, schildert seine Eindrücke vom Spiel in Leverkusen gegen Bremen.

Text von Marcel Wienands

Bayer Leverkusen gegen Werder Bremen. Die Leverkusener wollen in die Champions League, und die Jungs von der Weser brauchen jeden Punkt im Kampf gegen den Abstieg – Spannung ist garantiert.

Von meinem Platz kann ich die Fangesänge beider Fangruppierungen hören. Sie sind schon in bester Stimmung. Die Bremer Fans sind gegenüber von mir, die Leverkusener Anhänger sind ganz auf der anderen Seite des Spielfelds.

Vor dem Spiel verteilen die Blindenreporter Kopfhörer an mich und die anderen blinden Fans, über die wir eine genaue Beschreibung des Spielgeschehens kriegen. Bei diesem Spiel haben wir direkten, persönlichen Kontakt zu den Blindenreportern. Das ist nicht immer so, oft sitzen sie wegen der besseren Sicht auf der Pressetribüne. Die Reporter geben uns vorab Infos über die Aufstellung beider Mannschaften, und dann geht es los.

Blitzstart der Bremer

Es dauert keine fünf Minuten, da schlagen die Bremer eiskalt zu. Ein Freistoß von Junuzovic, ein kurzes Durcheinander im Strafraum, und dann ist der Ball drin. Das ging schnell! Die Reporter fassen die Spielszene noch einmal mit allen Details zusammen, so kann ich mir die Situation gut vorstellen. Kurz darauf die nächste Chance für Werder Bremen. Ein schneller Konter. Der Reporter wird schneller, passt seine Stimme dem Tempo des Spiels an. Mit jedem Meter, den der Ball sich dem Tor nähert, werden die Fans lauter. Doch beim vermeintlichen 2:0 steht Pizarro im Abseits. Danach beruhigt sich das Spiel ein bisschen.

Die Reporter berichten über taktische Anweisungen unterhalb der Spieler, berichten von Zwischenständen der anderen Spiele und ordnen das Spielgeschehen ein. So verpasse ich nichts. Leverkusen schafft es nicht, sich klare Torchance herauszuspielen, so die Analyse des Reporters zur Halbzeitpause.

Pizarro entscheidet das Spiel

Zu Beginn der zweiten Halbzeit kommen die Leverkusener motiviert aus der Kabine. Doch es sind erneut die Gäste, die ein Tor schießen. „Ungenauer Pass von Hilbert auf Kramer. Dem verspringt auch noch leicht der Ball. Pizarro luchst ihm den Ball ab und kann aus 30 Metern aufs Tor zu sprinten und lupft …“ Jubel bei den Bremer Fans, der die Stimme des Reporters übertönt. Es steht 2:0.

Trotz des Rückstands sorgen immer noch beide Fanlager für gute Stimmung auf den Rängen. Kurz darauf ein lauter Aufschrei der Leverkusen-Fans. Sie fordern Handelfmeter. In diesem Fall kann der Reporter die Situation aus der Ferne nicht einschätzen. Er sagt aber, dass der Schiedsrichter beste Sicht auf das Geschehen hatte.

Aufnahme aus der Blindenreportage

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Stattdessen gibt es dann einen Strafstoß für die Bremer. Die Bremer Fans fordern ihren Liebling, den sympathischen Peruaner. Er verlädt den Torwart in die falsche Ecke und erhöht auf 3:0. Lediglich ein Eigentor der Bremer lässt Leverkusen noch kurz hoffen. In der 83. Minute köpft Pizarro nach einer Ecke zum 4:1 ein, womit das Spiel entschieden ist.

Aufnahme aus der Blindenreportage

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Der Bremer Fanblock feiert den Sieg seiner Mannschaft. Auch hier informiert mich der Reporter darüber, dass die Bremer von links nach rechts hüpfen. In meinem Kopf entsteht automatisch das Bild einer grün-weißen Kurve, die sich auf und ab bewegt. Das Endergebnis steht. Ein attraktives Spiel mit fünf Toren. Ein super Fußballabend!

 

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Inklusives Stadionerlebnis: Philipp ist Blindenreporter bei Bayer 04 Leverkusen

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(Redaktion )

4 Tipps für dein barrierefreies Video

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Du hast ein cooles Video gemacht und willst, dass möglichst alle etwas davon haben?Dann mach dein Video barrierefrei! Wir haben für dich die wichtigsten Schritte zusammengestellt.

 

1. Schreib es auf: Untertitel

Der erste Schritt zu deinem barrierefreien Video sind Untertitel. Sie helfen nicht nur gehörlosen Menschen, sondern auch Nicht-Muttersprachlern, die nicht alles sofort verstehen – oder bahnfahrenden Smartphone-Nutzern ohne Kopfhörer, die ihre Mitfahrer nicht belästigen wollen. Außerdem sind sie ziemlich einfach umzusetzen – wir zeigen dir, wie es geht!

  • Es gibt ganz verschiedene Programme, die es dir erleichtern, Untertitel zu erstellen. Kostenfreie Tools sind zum Beispiel der SubtitleCreator oder der AHD Subtitles Maker Professional. Bei vielen Video-Schnittprogrammen ist die Möglichkeit, zu untertiteln, schon integriert.
  • Du solltest alles aufschreiben, was in deinem Video zu hören ist und Bedeutung hat. Dazu gehört natürlich, was du oder andere Menschen in deinem Video sagen, aber auch wichtige Geräusche und Hintergrundmusik.
  • Mach immer deutlich, welche Aussage von wem stammt. Das ist besonders wichtig, wenn die Person gerade nicht im Bild ist. Am besten setzt du dann einfach den Namen mit einem Doppelpunkt oder in Klammern vor die Aussage.

Das Bild von einem Video von zwei Kletterern in einem Klettergarten. Am unteren Bildrand sind Untertitel eingeblendet, die rot umkringelt sind.

 

  • Deine Untertitel sollten nicht länger als zwei Zeilen sein. Denn: Mehrzeilige Untertitel erschweren die Lesbarkeit.
  • Außerdem sollten Untertitel bestenfalls circa zwei Sekunden stehen bleiben, damit dein Publikum den Inhalt zu Ende lesen kann.

Mehr nützliche Infos zu Untertiteln findest du auf der Seite www.untertitelrichtlinien.de.

Das gängige Symbol für Untertitel kannst du dir im Bild unten an dritter Stelle anschauen (roter Kreis).

2. Sag, was du siehst: Audiodeskription

„Das Augenpaar eines Mannes. Er sieht nach links. Nach rechts. Geradeaus. Um das rechte Auge schließt sich ein Fadenkreuz.“ Das ist ein Ausschnitt des Tatort-Vorspanns mit Audiodeskription. Sie beschreibt blinden Menschen die visuellen Details im Film oder Video, die ihnen sonst entgingen. Eine Audiodeskription in deinem Video zu ergänzen, ist eine kleine Kunst, kann aber auch viel Spaß bringen. So geht's:

Eigentlich ist eine Audiodeskription nur eine zusätzliche Tonspur, die den Inhalt erklärt, der rein visuell wiedergegeben wird. Also mit Aufnahmegerät vor das Video setzen und drauflos quatschen? So einfach ist es leider nicht, denn nur die Sprechpausen können für Erklärungen genutzt werden. Je nach Sprachanteil bei deinem Video ist nicht mehr viel Platz für große Beschreibungen zwischen den Dialogen übrig. Deshalb musst du bewerten: Was ist wirklich wichtig, um die Handlung im Video zu verstehen? Genau das solltest du dann im Video beschreiben. Am besten gehst du in diesen fünf Schritten vor:

  • Sieh dir das Video an und schreibe den Timecode und die Dauer der „sprechfreien“ Zeiten auf. So kannst du abschätzen, an welcher Stelle im Video du überhaupt Zeit hast, etwas zu beschreiben.
  • Schau dir das Video nochmal an und überlege, was genau wichtig ist, damit blinde Menschen die Handlung nachvollziehen können. Dann formulierst du diese in Worte.
  • Teste dann, ob diese Beschreibungen an den richtigen Stellen im Video in die „sprechfreien“ Zeiten passen.
  • Setze dir Kopfhörer auf, spiele das Video auf deinem Computer ab, so dass du den Ton des Videos auf den Ohren hast, schnapp dir dann dein Aufnahmegerät oder dein Smartphone mit Aufnahmefunktion und nehme deine Beschreibungen auf, die du an den passenden Stellen im Video aufsagst. Am besten markierst du dir durch ein kurzes Schnalzen oder ähnliches, wann das Video anfängt, dann kannst du später die Tonspur besser einbinden.
  • Du kannst mit einfachen Schnittprogrammen die Tonspur in das fertige Video integrieren, oder du nutzt Player, die das Zuschalten der Tonspur erlauben (Tipps zu den Playern findest du weiter unten).

Das gängige Symbol für Audiodeskription steht an erster Stelle im Bild unten (roter Kreis).

Eine einfache Alternative zur Audiodeskription: Beim Dreh deines Videos kannst du schon daran denken, alle wichtigen Infos und Details zu benennen. Solltest du zum Beispiel ein Familienfoto in die Kamera halten, sagst du einfach kurz: „Das hier ist ein Bild von meiner Familie bei Omas Geburtstag. Onkel Herbert hatte mal wieder seinen hässlichen, ockerfarbenen Pullover mit Häschen-Motiv an.“

3. Übersetze es: Gebärdensprache

Du fragst dich jetzt: Wenn ich schon Untertitel habe, warum brauche ich dann noch Gebärdensprache für mein Video? Für viele gehörlose Menschen ist die Deutsche Gebärdensprache ihre Muttersprache. Sie folgt einer anderen Grammatik und Struktur als die in den Untertiteln. Die meisten schauen Videos gern in der Sprache, die sie am besten verstehen.

Allerdings ist es für dich zu Hause gar nicht so einfach, dein Video in Gebärdensprache übersetzen zu lassen, wenn du sie nicht zufällig beherrschst. Deshalb gibt es Übersetzungsservices, die das zum Beispiel für Unternehmen übernehmen. Für dein Video ist das zu teuer? Schau dich im Netz um, frag in sozialen Netzwerken: Vielleicht lernst du ja jemanden kennen, der dir dabei helfen kann, und du machst gleichzeitig noch eine nette Bekanntschaft. Dann dreht ihr die Übersetzung am besten vor einer weißen Fläche, zum Beispiel einer kahlen Wand, und lasst den Übersetzer an der rechten Hälfte des Bildes stehen. Dann könnt ihr später im Schnittprogramm das Video in die weiße Fläche einpflegen.

Bild eines Video-Players: Am rechten Rand des Videos, das gezeichnete Rollstuhlbasketballer zeigt, übersetzt ein Gebärdensprachdolmetscher

Das gängige Symbol für Deutsche Gebärdensprache ist im Bild unten (roter Kreis) an zweiter Stelle eingebunden.

4. Spiel es ab: Der richtige Player für deinen Blog

Du hast Untertitel, Audiodeskription und Gebärdensprach-Übersetzung vorliegen und weißt jetzt gar nicht, wie du all diese Angebote in deinen Blog oder deine Webseite einfügen kannst? Außerdem willst du sichergehen, dass blinde Menschen den Player auch ohne Probleme bedienen können? Dann brauchst du den richtigen Player. Mit dem kann zum Beispiel jeder Nutzer die Audiodeskription, die Gebärdensprach-Übersetzung oder die Untertitel je nach Bedarf ein- und ausschalten. Das gleichzeitige Abspielen der Versionen kann nämlich sonst überfordern und von deinem Inhalt ablenken. Aber da gibt es große Unterschiede: Manche ermöglichen dieses Zuschalten von barrierefreien Angeboten gar nicht, andere nur den Untertitel, wieder andere können nicht über die Tastatur bedient werden. Aber es gibt auch ein paar Open-Source-Player, wie zum Beispiel den Able Player oder JW Player, die du konfigurieren kannst und die sich gut dazu eignen, um dein barrierefreies Video benutzerfreundlich einzubetten. Solltest du dein Video zum Beispiel bei einem sozialen Netzwerk einbinden, empfehlen wir das gleiche Video in den unterschiedlichen Varianten hochzuladen. So kann sich jeder das richtige für sich aussuchen.

Noch was Wichtiges: Klar, manchmal ist es schwierig, alle Videos umfassend barrierefrei zu machen – aber ein Versuch ist es wert :-) Und zumindest Untertitel sind häufig schnell gemacht. Also viel Spaß!

Bild eines Video-Players, unten rechts sind die Symbole für Gebärdensprache und Untertitel rot eingekreist

 

Linktipps:

Einfach für alle – Digitale Barrierefreiheit

Was ist Barrierefreiheit?

Kleiner Einblick in die Gebärdensprache

Was ist Inklusion? Video-Beispiel für Audiodeskription und Untertitel

Das erste Mal – Video-Beispiel Deutsche Gebärdensprache

(Katharina Hovestädt)

Die Bühne im Ohr – ein Besuch in der Hör-Oper

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Linktipps:

Ute Stephanie Mansion in einem Heißluftballon auf der Bühne der Höroper

Wilde Tiere streicheln und mit einem Heißluftballon über die Bühne schweben – ein Besuch der Hör-Oper am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen kann aufregend sein. Ute Stephanie Mansion war bei einer Aufführung dabei.

Wir dürfen den Löwen streicheln: Sein Fell fühlt sich samtweich an, nur die Mähne ist rau. Zugegeben – dieser Löwe ist ein Kostüm und das „Fell“ ist ein Anzug im Stil der Siebzigerjahre. Es ist eins der Kostüme des Musicals „Der Zauberer von Oz“, das im vergangenen Winter im „Musiktheater im Revier“ (MiR) aufgeführt wurde. Seit 2009 bietet das MiR in Gelsenkirchen Hör-Opern für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung an.
Wir dürfen nicht nur die Kostüme und Requisiten befühlen, wir bekommen auch eine Einführung in das Stück und während der Aufführung eine Beschreibung des Bühnengeschehens über Kopfhörer. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Gelsenkirchen hat das Angebot zusammen mit der Stadt initiiert.

Ertasten, was später die Bühne füllt

Zwei Stunden vor Beginn der Vorstellung stehen wir im oberen Foyer. Wir ertasten die Kostüme des Zauberers, des Löwen, des Blechmanns, der Vogelscheuche und der guten Hexe. Als jemand, der „nur“ sehbehindert ist, hätte ich mir mehr Licht gewünscht. Das Wetter ist heute schlecht, deswegen kommt nur trübes Tageslicht durch die Fenster und die Beleuchtung reicht nicht. Wir folgen der Dramaturgin Juliane Schunke, die das Projekt Hör-Oper leitet. Über Treppen führt sie uns in die „Schleuse“, einen Gang, in dem sich die Darsteller vor ihrem Auftritt einfinden. Ob es so warm ist, weil sich hier oft Menschen mit Lampenfieber aufhalten? Weiter geht’s auf die Bühne. Ein nachgebauter Heißluftballon ist nur nach vorne gewölbt, die Hinterseite wird das Publikum nicht sehen. Doch er wirkt so einladend, dass meine Begleiterin in den Korb steigt und über die halbe Bühne schwebt. Tasten, sehen und staunen auch bei Sonnenblumen, Weizenfeldern, Haus und Bett der Protagonistin Dorothy. Beeindruckend, all die Requisiten eines Stückes einmal von Nahem zu sehen oder ertasten zu dürfen.

Los geht’s

Zurück im oberen Foyer, erklärt die Dramaturgin, worum es in dem Musical geht und einige Besonderheiten der Inszenierung. Kurze Pause, dann dürfen wir schon – vor den anderen Zuschauern – unsere Plätze einnehmen. Die Audiodeskription, für die wir ein kleines Gerät mit Kopfhörer bekommen haben, beginnt nämlich vor der Aufführung: Kostüme und Bühnenbild werden genau beschrieben, denn das würde während der Vorstellung zu lange dauern. Für jede Hör-Oper bereiten zwei Blinde und zwei Sehende die Audiodeskription vor, was zwei Stunden pro zehn Minuten Oper dauert.
Eine Arbeit, die sich lohnt, denn es ist ein schönes Gefühl, dank der Beschreibungen nichts zu verpassen. Die Übersetzungen der auf Englisch gesungenen Lieder, die unsere „Opernflüsterin“ uns ebenfalls ins Ohr spricht, spare ich mir – lieber möchte ich nur die Musik hören. Zum Glück gibt es an dem Gerät einen Drehknopf, mit dem ich die Lautstärke regeln oder ganz abschalten kann.
Nach der Aufführung gehen wir zurück zum Eingang. Der Gang durch das MiR ist für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen nicht ungefährlich: Es gibt eine Menge Treppen, die sich nicht vom übrigen, komplett anthrazitfarbenen Boden unterscheiden – Stolperfallen, die sich durch Markierungen leicht beseitigen ließen.
Dennoch empfehle ich das Projekt Hör-Oper in Gelsenkirchen gerne weiter.

 

Hier geht's zum Musiktheater im Revier

Was ist Barrierfreiheit?

Theater für die Ohren

Ein Spiegel der Welt: Samuel Koch am Staatstheater Darmstadt

"Schrei mich an!" - Ein Theaterstück des Projekts Inklu:City

 

(Ute Stephanie Mansion)


Welt-Down-Syndrom-Tag: Was mir der 21. März bedeutet

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Carina Kühne posiert in Abendkleidung und Perlenkette

Seit 2006 findet jedes Jahr am 21. März der Welt-Down-Syndrom-Tag statt.  Menschen mit Down-Syndrom haben eine Trisomie 21,  das heißt, dass das Chromosom 21 ist bei ihnen nicht doppelt sondern dreifach vorhanden ist. Deshalb passt das Datum 21.3. sehr gut. Ich schreibe heute darüber, was mir dieser Tag bedeutet

Eigentlich möchte ich nichts Besonderes sein, obwohl ich das Down-Syndrom habe. Vielleicht braucht man aber so einen besonderen Tag, um aufmerksam zu machen auf Menschen, die meist vergessen werden. Dabei wollen wir doch nur zeigen, dass wir auch dazugehören und etwas leisten können. Dazu ist dieser Tag wirklich ein guter Anlass.

Welt-Down-Syndrom-Tag und die Medien

In den vergangenen Jahren hätte ich mir immer mehr Aufmerksamkeit in den Medien gewünscht. Sie haben wirklich einen sehr großen Einfluss auf unsere Gesellschaft. Deshalb wünsche ich mir nicht nur an diesem Tag viele interessante Artikel, Filme, Radiosendungen und Talkshows, in denen Menschen mit Trisomie 21 zu sehen und zu hören sind. Sie haben nämlich auch etwas zu sagen. Besonders wichtig ist es für mich, dass nicht nur „über uns“, sondern auch „mit uns“ gesprochen wird.
Ich finde es sehr wichtig, dass dabei mehr über Gemeinsamkeiten, Miteinander und Positives berichtet wird und weniger über unsere Defizite. Ich bin schon sehr gespannt, wie es in diesem Jahr sein wird.

Sterben Menschen mit Trisomie 21 bald aus?

Seit es den neuen Praena-Bluttest gibt, kann man schon ganz früh das Down-Syndrom erkennen und diese Föten aussortieren. Uns Menschen mit diesem extra Chromosom tut es nicht gut, dass wir nicht gewollt sind und ausgesondert werden. Es macht mich traurig, wenn ich denke, dass es diese vielen glücklichen Kinder mit Down-Syndrom bald nicht mehr geben soll. Wir leben nämlich gerne!

Der Welt-Down-Syndrom-Tag ist ein wichtiger Tag

Ich freue mich, dass es diesen Tag gibt und finde, dass er auch in diesem Jahr ganz besonders wichtig ist. Die meisten Menschen haben Angst vor allem, was fremd ist. Dieser Tag kann dazu beitragen, dass die Barrieren in den Köpfen abgebaut werden.
Aber dafür brauchen wir natürlich nicht nur diesen einen wichtigen Tag, sondern wir sollten jeden Tag auf Menschen mit Down-Syndrom aufmerksam machen. Es gibt ja schließlich nur diese eine gemeinsame Welt, in der wir miteinander leben und voneinander lernen können. Da sollten wir alle Menschen respektieren, egal, welche Besonderheiten sie haben.

Das ist Inklusion!

 

Linktipps:

Interviews der Ohrenkuss-Redaktion

Fabien Toulmé über die Geburt seiner Tochter mit Down-Syndrom

Das inklusive Theater-Projekt "Mittendrin auf der Bühne"

Down-Syndrom-Babys aussortieren? Ein Blogbeitrag von Ulrich Steilen über vorgeburtlichen Bluttest "PraenaTest"
 

(Carina Kühne)

#FragtWarum

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Ein Portrait von Sascha Decker, Pressesprecher der Aktion Mensch.

Eine Grafik mit Fragezeichen, Ausrufezeichen und Infosymbol.

Viele, die in den vergangenen Tagen die Diskussion um ABA miterlebt haben, fragen sich möglicherweise: Worum geht es in dem Projekt, für dessen Förderung die Aktion Mensch gerade von einigen kritisiert wird? Ich will versuchen, das Thema aus unserer Sicht einzuordnen und die wichtigsten Fragen zu beantworten.

Worum geht es eigentlich?

Therapieangebote für Kinder mit frühkindlichem Autismus, die sich an einem bestimmten verhaltenstherapeutischen Ansatz namens ABA (Applied Behaviour Analysis) orientieren, gibt es seit vielen Jahren. Ebenfalls so alt ist die Diskussion darüber, ob ABA eine gute Vermittlung lebenspraktischer Kompetenzen sei oder eine Art von "Umerziehung". Mit den Erfolgen dieser Therapieform und der Kritik daran haben sich bereits zahlreiche Medien (Zeit, spiegel.de, NZZ) beschäftigt. Auch die Fachgruppe Therapie des Bundesverbands Autismus-Deutschland hat sich erst kürzlich mit dem Thema befasst und eine Stellungnahme dazu abgegeben.

Die Aktion Mensch fördert das Projekt "Bremer Frühfördertherapieprogramm Autismus" seit dem Jahr 2014 mit insgesamt 249.591 Euro. Die Unterstützung läuft noch bis 2017. In dem Projekt wird nach einer modifizierten Form von ABA gearbeitet.

Warum fördert die Aktion Mensch dieses Projekt, obwohl es von einigen kritisiert wird?

Die Aktion Mensch fördert Projekte, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft voranzutreiben. Das Bremer Projekt möchte durch eine intensive Förderung der zwei- bis fünfjährigen Kinder mit frühkindlichem Autismus genau das erreichen. Nach unserer Kenntnis handelt es sich um ein wissenschaftlich anerkanntes Therapieverfahren. Die Mitarbeiter des Projektes haben uns geschildert, in welcher Ausnahmesituation sich die Kinder und ihre Eltern befinden. Die Mädchen und Jungen können ihre Bedürfnisse nur sehr schwer mitteilen, die Eltern sind mit dieser Situation häufig überfordert. Uns ist letztlich daran gelegen, dass Eltern die Wahl haben, welche Therapieform die richtige für ihr Kind ist.

Damit ist der Meinungsstreit über "richtig" und "falsch" aber natürlich noch nicht entschieden. Zu Beginn der Debatte im Herbst 2015 haben wir gesagt, dass wir uns an dieser Diskussion nicht beteiligen. Wir würden uns wünschen, dass die Diskussion zwischen den beteiligten Fachleuten fortgeführt wird: den Therapeuten, den Familien, in denen Kinder mit frühkindlichem Autismus leben und die Erfahrungen mit der Therapie haben, Autisten selbst und natürlich mit den Wissenschaftlern, die diese Therapieform anwenden und evaluieren.

Uns erreichen auch Anrufe oder Mails von Personen, die die Förderung dieses Projektes gut finden und die von ABA profitiert haben. Der Ton in der Debatte ist allerdings so rau, dass viele Beteiligte ihre Meinung nicht öffentlich sagen wollen. Manche Befürworter haben sich aufgrund persönlicher Angriffe aus der öffentlichen Debatte verabschiedet.

Habt ihr euch mit der Kritik an ABA beschäftigt?

Als es im letzten Jahr die ersten kritischen Stimmen gegen unsere Förderung gab, sind wir gerne auf das Gesprächsangebot des ABA-Kritikers Aleksander Knauerhase eingegangen. Das Gespräch hier bei uns in Bonn war intensiv und konstruktiv. Wir haben daraufhin ein zusätzliches Fachgespräch mit Kritikern, Therapeuten, Experten und betroffenen Familien organisiert. Die Ergebnisse dieses Fachgespräches sind im Aktion Mensch-Blog nachzulesen, unter dem Blogbeitrag entwickelte sich eine lebhafte Diskussion mit Befürwortern und Kritikern. Ich selbst habe das Fachgespräch als konstruktiv und fair erlebt. Falls sich einer unserer Gäste bei uns nicht wohlgefühlt hat, bedauern wir das sehr.

Eine Anmerkung noch am Ende: Konstruktive Kritik ist uns jederzeit willkommen. Der Ton in dieser Debatte ist aber zum Teil wirklich erschreckend. Beleidigungen, Unterstellungen und persönliche Angriffe finden wir nicht akzeptabel.

Links:

(Sascha Decker)

Bremen für alle

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Isabell und Laura vor dem Bremer Dom

Lust auf eine Städtetour ganz ohne Barrieren? In Bremen haben Studenten jetzt einen Stadtrundgang für alle entwickelt. Ob die Tour hält, was sie verspricht? Isabell und Laura haben es für uns getestet.Laura

Wer verreist nicht gern? Meine Kollegin Isabell und ich sind beide reisebegeistert. Dabei muss Isabell auf ganz andere Dinge achten als ich. Mit ihrem E-Rolli stößt sie immer wieder auf Barrieren – besonders auf Reisen und auf Strecken, die sie nicht kennt.

Entwicklung eines Rundgangs für alle

In meinem Studium der Angewandten Freizeitwissenschaft habe ich mich genau mit dieser Herausforderung beschäftigt. In einem Projekt mit dem Planungsbüro protze + theiling standen 10 Studierende der Hochschule Bremen vor der Aufgabe, einen Rundgang zu entwickeln, der für alle Menschen – egal ob mit oder ohne Behinderung – gleichermaßen geeignet und spannend ist. Ergebnis ist ein neues barrierefreies und kostenloses Angebot: „Bremen – bunt und grün. Rundgang für Alle“. Auf dem Weg durch die Bremer Neustadt befinden sich Attraktionen für alle Sinne. Informationen zum Weg und den Stationen werden dabei auf verschiedene Arten zugänglich gemacht: Neben einem klassischen Flyer gibt es auch einen Audioguide und die ausführlichen Stationstexte zum Download.

Der Rundgang im Praxistest

Heute besucht mich Isabell in Bremen, um den Rundgang zu testen. Gespannt beobachte ich ihre Reaktionen: Wie findet sie die Wege? Sind die Sehenswürdigkeiten gut gewählt und die Informationen spannend aufbereitet? Während Isabell aufmerksam den Texten zuhört, halte ich das Smartphone fest, den Flyer haben wir zur Unterstützung dabei, benötigen ihn aber kaum.

Isabell macht mich während des Rundgangs immer wieder auf Dinge aufmerksam, die mir zuvor nie aufgefallen sind und stellt interessante Fragen. So bleibt am Ende des Tages ein Gefühl: Stolz. Ich bin stolz auf „mein“ Bremen und den Rundgang und hoffe, dass das Angebot noch bei vielen anderen Menschen gut ankommt.

Isabell

Ich besuche meine Kollegin Laura in ihrer Wahlheimat Bremen. Ich freue mich und bin schon sehr gespannt, denn in Bremen ich war noch nie. Besser kennenlernen will ich die Stadt beim barrierefreien Stadtrundgang!

Der Audioguide ist super

Los geht’s! Wir lauschen dem Audioguide, den wir uns vorab aufs Smartphone geladen haben. Er ist langsam und deutlich eingesprochen, enthält interessante und spannende Informationen zu den einzelnen Stationen und hilfreiche Wegbeschreibungen. Außerdem gibt es Infos zu Einkehrmöglichkeiten und WCs sowie zum Grad ihrer Barrierefreiheit. Bis auf die Tatsache, dass ich ein paar kleinere Umwege fahren muss, um abgesenkte Bordsteinkanten zu finden, gibt es keine Schwierigkeiten. Allerdings verhindert eine Baustelle, dass wir den vorgegebenen Weg nehmen können. Zum Glück kennt Laura sich hier aus und weiß eine Alternativroute.

Schwieriger Weg zum Rolli-WC

Mittagspause machen wir im Restaurant von einem Schwimmbad. Der Audioguide informiert uns darüber, dass es hier zwar ein barrierefreies WC gibt, der Weg dorthin aber nicht für alle Rollstühle geeignet ist. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, mit meinem E-Rolli durch enge Türen und Sammelumkleiden dort hinzugelangen. Das ist nicht so tragisch, ich freue mich, dass es überhaupt ein barrierefreies WC gibt.

Ab in den Dom          

Nach der Mittagspause beenden wir unseren Rundgang und besichtigen noch den Bremer Dom. Der ist zwar nicht auf den ersten Blick barrierefrei zugänglich, wir finden aber einen stufenlosen Eingang – zugeparkt vom PKW eines Rollstuhlfahrers. Na super, ist das Inklusion? Wir finden, dass auch Rollstuhlfahrer so parken sollten, dass sie andere nicht behindern. Es gibt zum Glück einen weiteren geeigneten Eingang. Die alte Kirchentür hat sogar einen elektrischen Türöffner, wirklich vorbildlich.

Mein Fazit? Die Wege zwischen den Stationen erlebe ich insgesamt als sehr barrierefrei. Das Kopfsteinpflaster stellt kein Problem dar, da es relativ großflächig ist. Alle Wege sind gut zu fahren. In Bremen hat es mir sehr gut gefallen, und ich möchte auf jeden Fall wiederkommen.

Linktipps:

Alle Infos zur Städtetour „Bremen – bunt und grün. Rundgang für Alle“ mit Flyer, Audioguide und ausführlichen Stationstexten zum Download

Der Aktionstag 5. Mai 2016: Gemeinsam für eine barrierefreie Stadt

Mehr Infos zum Themenfeld Barrierefreiheit bei der Aktion Mensch

Mehr Kultur! Neue Wege zum barrierefreien Tourismus: barrierefreie Führungen durch Trier, Erfurt und die Documenta

Städte zum Ertasten: Egbert Broerken baut Stadtmodelle aus Bronze für blinde Menschen

Reisen mit allen Sinnen: Ein Reiseunternehmen veranstaltet gemeinsame Touren für blinde, sehbehinderte und sehende Reisegäste

Isabell und Laura gehen über eine BrückeLaura und Isabell auf einem schmalen BürgersteigIsabell und Laura lesen im Flyer des StadtrundgangsLaura und Isabell lauschen lachend ihrem SmartphoneEine Baustelle versperrt Laura und Isabell den Weg

(Redaktion )

Studium mit Behinderung? Na klar!

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Zwei junge Frauen sitzen lachend neben einem Rollstuhl vor einem Uni-Gebäude auf einer Wiese, eine von ihnen formt ein Herzzeichen mit den Händen

Wow, bereits ein gutes halbes Jahr ist es nun her, dass ich meinen Uni-Abschluss in der Tasche habe. Und meine größte Stütze, mein Rollstuhl, hat mich immer unter meinen Pobacken begleitet. Die letzten vier Jahre haben mir gezeigt, dass Barrierefreiheit an universitären Einrichtungen noch lange keine Selbstverständlichkeit ist. Aber: Ich würde mich immer wieder für ein Studium entscheiden.

In meiner Uni-Zeit habe ich nur selten einen anderen Studenten auf dem Campus mit sichtbarer Behinderung gesehen. Doch warum ist das Studieren mit einer körperlichen Behinderung scheinbar noch so eine Besonderheit? Ich habe viele Momente erlebt, in denen mich der Rollstuhl in meinem Studienalltag eingeschränkt hat. Zum Beispiel, wenn ich mal wieder nicht in einen Vorlesungssaal kam, so wie ich es mir vorstellte. Aber es gab auch die Momente, in denen meine Behinderung mir gar nicht bewusst war, etwa wenn ich mit meinen Kommilitonen kleine Abenteuer erlebt habe.

Barrierefreiheit in der Uni – antike Aufzüge und schwere Türen

Zu meiner Universität gibt es sehr viel zum Thema Barrierefreiheit zu sagen: Das Hauptgebäude ist mein Lieblingsgebäude. Da bin ich immer ohne Probleme und fremde Hilfe ausgekommen. Es gab Fahrstühle, behindertengerechte Toiletten und barrierefreie Hörsäle. Perfekt!

Doch wenn ich mal wieder dem heißbegehrten Prüfungsamt einen Besuch abstatten musste, war ich schon leicht genervt – und das nicht nur wegen des Papierkrams. Das Gebäude ist für Rollstuhlfahrer eine Katastrophe. Die Türen sind so schmal, dass ein breiterer Rollstuhl, wie es meiner ist, kaum in das Gebäude kommt. Genau so war es mit dem Aufzug. Es kam mir vor, als würde er aus dem letzten Jahrhundert stammen. Es war so eng, dass lediglich mein Rollstuhl und ich hineinpassten, gleichzeitig war die Tür so schwer, dass ich sie kaum öffnen konnte.

In andere Gebäude, in denen ich regelmäßig Vorlesungen hatte, kam ich ohne Hilfe gar nicht rein. Auch in die Uni-Bibliothek kam ich nicht alleine. Der Fahrstuhl dort ist in einem abgesperrten Bereich, so dass mich bei einer Fahrt mit dem Fahrstuhl immer Mitarbeiter begleiten mussten. Das ist nicht gerade ein tolles Gefühl. Ich mache gerne alles ohne Hilfe, wenn es geht. Sowas nervt!

Tolle Begegnungen an jeder Ecke

Dennoch sind mir auch viele Momente im Kopf geblieben, in denen ich positiv überrascht wurde. Mir sind zum Beispiel ganz viele Menschen ganz offen begegnet, ohne Berührungsängste. Das hat es mir einfach gemacht, Kontakte zu schließen. Meine Kommilitonen waren es auch oft, die mir dann bei Barrieren, wie schweren Türen oder einem kleinen Absatz, geholfen haben. Somit konnte ich diese Barrieren auch irgendwie akzeptieren. Besser wäre es natürlich trotzdem, wenn es sie gar nicht geben würde :-)

Lernen von den Engländern

Spannend war auch mein Auslandssemester in England. Die Uni in London war meiner Uni in Stuttgart auf jeden Fall in einigen Sachen einen Schritt voraus. Barrierefreie Wohnungen auf dem Campus, rollstuhlgerechte Vorlesungsräume und zusätzliche Betreuung von Studenten mit Behinderung, sowohl von der rechtlichen Perspektive aus als auch bei der Eingliederung von behinderten Studenten, gehörten einfach dazu.

An vielen deutschen Unis müssen sicherlich noch einige Barrieren abgebaut werden. Ich muss aber sagen, dass auch schon viele Bemühungen für ein barrierefreies Studium geschaffen wurden und auch noch im Prozess sind. Hierzu sind zum Beispiel die Behindertenbeauftragten der verschiedenen Universitäten zu nennen.

Ich würde Menschen mit Behinderung auf jeden Fall zu einem Studium ermutigen. Natürlich war ich einigen Barrieren ausgesetzt, doch ich habe sie gemeistert und habe somit auch gelernt, mich ihnen zu stellen.

 

Linktipps:

Mehr Infos zum Thema Studium und Behinderung beim Familienratgeber

„Ein Stück weit Utopie“: Inklusion an deutschen Hochschulen

Mit eLearning zu barrierefreien Unis: Interview mit Prof. Gerhard Weber über Barrierefreiheit durch neue technische Möglichkeiten an den Hochschulen

„Sie können in Ihrer Situation kein Referat halten“: Persönliche Erfahrungen mit einem Studium mit Behinderung

Promovieren mit Behinderung: Promotionsprogramm „InWi“ der Uni Bremen für Menschen mit Behinderung

Werkzeugkasten inklusive Uni: Forschungsprojekt entwickelt Ideen für ein behindertengerechtes Studium

(Kim Elena do Calvário Moqenco )

Zwischen Kinotreppen und lockeren Cafés

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Tanja und ein Freund sitzen lachend im „Doc Beckers“

Wenn man wie unsere Autorin Tanja im Rollstuhl unterwegs ist, ist Barrierefreiheit immer ein großes Thema. Hier berichtet sie, welche Orte sie in Bochum gerne besuchen würde, wenn sie barrierefrei wären – und wo es den besten barrierefreien Kaffee gibt.

Kinobesuch als Herausforderung

Meine große Leidenschaft sind Geschichten. Als Literaturwissenschaftlerin habe ich natürlich eine Art Verpflichtung, Bücher als erstes und liebstes Medium zu nennen :-) Aber nur knapp dahinter kommen dann schon Serien und Filme. Deshalb verbringe ich meine Freizeit nicht nur gerne in Bibliotheken, sondern auch in Kinos. Eigentlich ist das nur die halbe Wahrheit, denn ich würde gern noch viel mehr Zeit in Kinosälen verbringen, aber in Bochum ist das als Rollstuhlfahrerin eine Herausforderung.

In der Innenstadt von Bochum gibt es drei Kinos, zwei davon sind Programmkinos, die auch Filme abseits des „Popcornkinos“ zeigen. Tatsächlich sind von den drei Kinos aber zwei gar nicht barrierefrei, das dritte hat zumindest einen einzigen ebenerdigen Kinosaal. Ansonsten sind meine Alternativen: an den Stadtrand von Bochum fahren oder direkt in die Nebenstadt Herne.

Rollstuhlfahrer auf der Leinwand, aber keine Barrierefreiheit davor

Die nicht vorhandene Barrierefreiheit bedeutet für mich aber nicht nur längere Fahrtwege, sondern auch eine teilweise sehr eingeschränkte Programmauswahl. Ich habe schon einige Filme im Kino verpasst, weil sie eben nur in den nicht barrierefreien Kinos liefen. Ironischerweise war darunter auch  „Vielen Dank für nichts“ – ein Film über Rollstuhlfahrer. Außerdem hat die fehlende Barrierefreiheit natürlich auch Auswirkungen auf mein Sozialleben. Sich spontan anderen Freunden anzuschließen, ist sehr kompliziert, wenn man räumlich an bestimmte Kinos gebunden ist.

Lockerheit und Kaffee – mein Lieblingsort in Bochum

Zum Glück gibt es noch Cafés, die natürlich keine Alternativen zum Kino darstellen, aber sich auf ihre eigene Art gut dafür eignen, um eben Freunde zu treffen. Gerade beim Thema Kaffee bin ich aber schon fast ein bisschen schrullig und war lange Zeit große Anhängerin der grün-weißen Cafékette. Auf jeden Fall war ich wenig euphorisch, als eine Freundin von mir vor ein paar Monaten vorschlug, stattdessen in das kleine Café an der Ecke zu gehen.

„Und du?“

Ein paar Minuten später saßen wir trotzdem an einem Holztisch bei „Doc Beckers“ und gaben beim Besitzer unsere Bestellung auf. Als meine Freundin fertig war, drehte er sich ohne Zögern zu mir um und fragte: „Und du?“ Für die meisten Menschen ist das eine Selbstverständlichkeit, ich werde aber in der Öffentlichkeit so selten direkt angesprochen und schon gar nicht ohne Zögern, dass es für mich immer etwas Besonderes ist. Gleichzeitig ist eine solche Lockerheit immer die beste Basis, damit ich mich irgendwo richtig wohlfühlen kann.

Noch dazu kommt, dass das „Doc Beckers“ ebenerdig ist, es ist gemütlich, ohne zu eng für den Rollstuhl zu sein und hat einen leichten 50er-Jahre-Touch, der für mich als Rockabilly-Anhängerin noch die Kirsche oben drauf ist. Mittlerweile kennt man mich dort, mein Cookie-Latte mit Strohhalm kommt meist automatisch und wenn Zeit ist, gibt es ein paar coole Sprüche dazu – ein echter Lieblingsort eben.

 

Linktipps:

Wie barrierefrei ist deine Stadt? Hier geht's zur Bewertung

Du hast tolle Projektideen für mehr Barrierefreiheit? Sieh dir unsere neuen Fördermöglichkeiten an

Mehr Infos zum Thema Barrierefreiheit bei der Aktion Mensch

Bremen für alle: In der Hansestadt haben Studenten eine Stadttour für alle entwickelt

Mit dem Fahrstuhl auf der Strecke geblieben: Barrierefreiheit im Berliner Nahverkehr

Barrieren des Feier-Abends: Ein unvergesslicher Abend in Hamburg

Tanja im Rollstuhl vor einem Kino mit TreppenTanja zusammen mit einem Freund vor einem KinoTanja im Rollstuhl mit einem Freund unterwegs in der Bochumer InnenstadtTanja vor dem Eck-Café „Doc Beckers“Tanja unterwegs in Bochum, ein Mann hilft ihr mit Rollstuhl über eine Schwelle auf der StraßeTanja unterhält sich lachend mit zwei jungen Frauen und zwei kleinen Mädchen

(Tanja Kollodzieyski)

Barrieren überwinden – Apps im Test (1)

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Video-Tutorial: So funktioniert die AppAuf einen Blick

Name: Be My Eyes

Zielgruppe: Sehende, Menschen mit Sehbehinderung, Blinde

Verfügbar für: iPhone, iPad

Kosten: Kostenlos

Link:www.bemyeyes.org

 

Eine Grafik, auf der die Arme von vier Personen zusehen sind. Sie bedienen unterschiedliche mobile Geräte. Zu sehen ist ein Handy, ein Laptop, eine Computer-Maus und ein Tablet. In der Mitte des Bildes steht: Barrieren überwinden - Apps im Test

Ob im Alltag oder in der Freizeit, zuhause oder unterwegs, als Kommunikations- oder Bedienungshilfen – mit mobilen Anwendungen können Barrieren überwunden werden. In unserer Blogreihe „Barrieren überwinden – Apps im Test“ stellen wir jeden Monat eine App vor, die sich genau das zum Ziel setzt. Dieses Mal im Test: „Be My Eyes
 

Was kann die App?

Mit der „Be My Eyes“-App können sich blinde und sehbehinderte Menschen in Alltagssituationen von Sehenden unterstützen lassen. Sehende registrieren sich als freiwillige Helfer und werden über eine Live-Videoverbindung von den blinden Nutzern kontaktiert. Blog-Autor Domingos hat die App für uns ausprobiert.

Be My Eyes“ im Alltags-Test

Dosenerbsen von roten Bohnen unterscheiden oder das passende Hemd finden – für Sehende kein Problem. Für Blinde wie mich aber ist das schwierig, besonders wenn kein sehender Freund in der Nähe ist, den ich fragen kann. Doch wozu gibt es die „Be My Eyes“-App?

Vor ein paar Wochen wollte ich mir ein Hemd zu meinem Anzug heraussuchen. Da ich meine Sachen kreuz und quer in den Schrank hänge, wusste ich nicht mehr, welches Hemd gebügelt war. Ich griff also zum Handy und wählte mich bei „Be My Eyes“ ein. Nach wenigen Minuten hatte ich eine nette Frau am anderen Ende, die sich als die geborene Modeberaterin entpuppte. Sie half mir nicht nur, das gebügelte Teil zu finden, sondern wies mich auch darauf hin, dass ich das rosa Hemd nicht zu dieser Krawatte tragen kann. Bis dahin wusste ich nicht einmal, dass ich ein rosa Hemd besaß.

Persönliche Dokumente wie eine PIN lasse ich mir lieber von einem vertrauten Menschen vorlesen. Auch meinen Liebeskummer würde ich nicht über „Be My Eyes“ besprechen. Aber es gibt Situationen, in denen ein Fremder vielleicht sogar besser helfen kann.

Das Video-Tutorial mit Übersetzung in Deutsche Gebärdensprache folgt Anfang Juni. Wir bitten darum die Verzögerung zu entschuldigen.

Sehen Sie auch das Video zu diesem Beitrag

Fazit unseres App-Testers

Mir gefällt an der App besonders gut, dass sie es Sehenden sehr einfach erlaubt, blinden Menschen zu helfen. Da deutlich mehr Helfer als Hilfesuchende angemeldet sind, hatte ich nie Probleme, ein hilfreiches Auge zu finden.

Redaktionelle Betreuung und Videoproduktion: Lena Hoffmann

 

Link-Tipps

Was ist Barrierefreiheit?

Du hast tolle Projektideen für mehr (digitale) Barrierefreiheit? Sieh dir unsere Fördermöglichkeiten an.

Be My Eyes“: Ein Sehender erzählt von seinem ersten Mal.

Mit anderen Augen – „Be My Eyes“ im Test bei den Kollegen von MENSCHEN. das magazin

 

 

 

 

(Domingos de Oliveira)

Sehen mit dem Handy

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Programme für Handys können helfen,
etwas gegen Hindernisse zu machen.
Wir schreiben Berichte über die Programme.
Die Berichte heißen:
Barrieren überwinden – Apps im Test.

Programme für Handys heißen: App.
Das spricht man: äp.
Apps kann man immer dabei haben.
Sie können bei Hindernissen helfen.
Zum Beispiel:
•    wenn man unterwegs ist oder zu Hause ist.
•    wenn man mit jemandem reden muss.
•    wenn man wissen muss, wie etwas geht.
Wir machen jeden Monat
einen Bericht über eine App,
die bei Hindernissen hilft.
Die Berichte heißen:
Barrieren überwinden – Apps im Test.
Dieser Bericht ist über die App: Be My Eyes.
Das spricht man: bi maj ajs.


Was kann man mit der App machen?


Mit der App können blinde Menschen
Hilfe bekommen von sehenden Menschen.
In der App können sich blinde Menschen
und sehende Menschen anmelden.
Wenn ein blinder Mensch Hilfe braucht,
kann er in der App Bescheid geben.
Ein sehender Mensch kann sagen, dass er Zeit hat.
Er kann dem blinden Menschen dann so helfen:
Der blinde Mensch filmt mit seinem Handy,
was vor ihm ist.
Der sehende Mensch kann auf seinem Handy sehen,
was der blinde Mensch filmt.
Der sehende Mensch kann sagen, was er sieht.
Domingos schreibt Berichte für Internet-Seiten.
Hier ist ein Bericht von ihm über die App Be My Eyes:


Probleme, wenn man blind ist


Für blinde Menschen ist manches ein Problem,
was für sehende Menschen kein Problem ist:
•    Zwei Dosen sind gleich groß.
Man will wissen, in welcher Dose Erbsen sind
und in welcher Dose rote Bohnen sind.
•    Man will ein Hemd mit einer Farbe anziehen,
die zu der anderen Kleidung passt.
Ich bin blind.
Wenn kein sehender Freund da ist,
habe ich manchmal ein Problem.
Mit der App Be My Eyes bekomme ich Hilfe.


Ich bekomme Hilfe mit Be My Eyes


Vor ein paar Wochen:
Ich ziehe einen Anzug an und brauche noch ein Hemd.
Meine Hemden sind durcheinander im Schrank.
Darum weiß ich nicht, welches Hemd gebügelt ist.
Ich mache die App Be My Eyes an
und frage, ob mir jemand helfen kann.
Ein paar Minuten später
meldet sich eine nette Frau.
Die Frau sagt mir, welches Hemd gebügelt ist.
Die Frau berät mit super über Mode.
Sie sagt mir, dass das Hemd rosa ist
und nicht zu der Krawatte passt.
Ich wusste gar nicht,
dass ich ein rosa Hemd habe.


Hilfe von Menschen, die man nicht kennt


Mit der App Be My Eyes bekommt man Hilfe.
Die Hilfe ist von Menschen, die man nicht kennt.
Wichtige Infos lasse ich lieber
von Menschen vorlesen, die ich kenne.
Zum Beispiel: eine Geheimzahl für das Konto.
Ich will auch nicht mit Menschen über Liebes-Kummer reden,
wenn ich sie nicht kenne.
Aber manchmal bekommt man
besser Hilfe von Menschen, die man nicht kennt.



Das gefällt mir bei der App


Sehende Menschen können einfach
blinden Menschen helfen.
Blinde Menschen bekommen schnell Hilfe,
weil viele sehende Menschen angemeldet sind.


Andere Internet-Seiten


•    Internet-Seite zu der Frage:
Was ist Barriere-Freiheit?

•    Vielleicht hast du Ideen,
wie man etwas gegen Hindernisse machen kann.
Zum Beispiel: Mit Handys oder Computern.
Dann kannst du dafür Geld bekommen von Aktion Mensch.
Hier gibt es mehr Infos:
https://www.aktion-mensch.de/projekte-engagieren-und-foerdern/foerderung/foerderprogramme/behinderung/barrierefreie-gestaltung
•    Ein sehender Mensch erzählt in einem Bericht,
wie er das erste Mal die App Be My Eyes benutzt.
Hier kannst du den Bericht lesen:
https://www.aktion-mensch.de/magazin/fokus/digitale-ideen-gegen-barrieren.html
•    MENSCHEN.das magazin hat auch die App Be My Eyes getestet.
Hier kannst du den Bericht darüber lesen:
https://www.aktion-mensch.de/magazin/leben/apptest-andere-augen.html

Infos über die App
Name: Be My Eyes.
Das spricht man: bi maj ajs.
Für wen ist die App?
•    für sehende Menschen,
•    für Menschen mit Sehbehinderung
•    für blinde Menschen
Für welche Handys gibt es die App?
Für iPhones und für iPads.
Was kostet die App?
Die App ist kostenlos.
Wo gibt es die App?
Auf der Internet-Seite: www.bemyeyes.org



Die Texte sind von Lena Hoffmann.

Eine Grafik, auf der die Arme von vier Personen zusehen sind. Sie bedienen unterschiedliche mobile Geräte. Zu sehen ist ein Handy, ein Laptop, eine Computer-Maus und ein Tablet. In der Mitte des Bildes steht: Barrieren überwinden - Apps im Test

Sehen mit dem Handy

Im Texte erzählen wir von einem Handy-Programm.
Das Programm heißt: Be My Eyes.
Das spricht man: bi maj ajs.
Damit bekommen blinde Menschen
Hilfe von sehenden Menschen.
Wir haben das Programm getestet.
Hier kannst du den Bericht lesen.

Programme für Handys heißen: App.
Das spricht man: äp.
Apps kann man immer dabei haben.
Sie können bei Hindernissen helfen.
Zum Beispiel:

  • wenn man unterwegs ist oder zu Hause ist.
  • wenn man mit jemandem reden muss.
  • wenn man wissen muss, wie etwas geht.

Wir machen jeden Monat
einen Bericht über eine App,
die bei Hindernissen hilft.
Die Berichte heißen:
Barrieren überwinden – Apps im Test.
Dieser Bericht ist über die App: Be My Eyes.
Das spricht man: bi maj ajs.

Was kann man mit der App machen?

Mit der App können blinde Menschen
Hilfe bekommen von sehenden Menschen.

In der App können sich blinde Menschen
und sehende Menschen anmelden.
Wenn ein blinder Mensch Hilfe braucht,
kann er in der App Bescheid geben.
Ein sehender Mensch kann sagen, dass er Zeit hat.
Er kann dem blinden Menschen dann so helfen:
Der blinde Mensch filmt mit seinem Handy,
was vor ihm ist.
Der sehende Mensch kann auf seinem Handy sehen,
was der blinde Mensch filmt.
Der sehende Mensch kann sagen, was er sieht.

Domingos schreibt Berichte für Internet-Seiten.
Hier ist ein Bericht von ihm über die App Be My Eyes:

Probleme, wenn man blind ist

Für blinde Menschen ist manches ein Problem,
was für sehende Menschen kein Problem ist:

  • Zwei Dosen sind gleich groß.
    Man will wissen, in welcher Dose Erbsen sind
    und in welcher Dose rote Bohnen sind.
  • Man will ein Hemd mit einer Farbe anziehen,
    die zu der anderen Kleidung passt.

Ich bin blind.
Wenn kein sehender Freund da ist,
habe ich manchmal ein Problem.
Mit der App Be My Eyes bekomme ich Hilfe.

Ich bekomme Hilfe mit Be My Eyes

Vor ein paar Wochen:
Ich ziehe einen Anzug an und brauche noch ein Hemd.
Meine Hemden sind durcheinander im Schrank.
Darum weiß ich nicht, welches Hemd gebügelt ist.
Ich mache die App Be My Eyes an
und frage, ob mir jemand helfen kann.
Ein paar Minuten später
meldet sich eine nette Frau.
Die Frau sagt mir, welches Hemd gebügelt ist.
Die Frau berät mit super über Mode.
Sie sagt mir, dass das Hemd rosa ist
und nicht zu der Krawatte passt.
Ich wusste gar nicht,
dass ich ein rosa Hemd habe.

Hilfe von Menschen, die man nicht kennt

Mit der App Be My Eyes bekommt man Hilfe.
Die Hilfe ist von Menschen, die man nicht kennt.
Wichtige Infos lasse ich lieber
von Menschen vorlesen, die ich kenne.
Zum Beispiel: eine Geheimzahl für das Konto.
Ich will auch nicht mit Menschen über Liebes-Kummer reden,
wenn ich sie nicht kenne.
Aber manchmal bekommt man
besser Hilfe von Menschen, die man nicht kennt.

Das gefällt mir bei der App

Sehende Menschen können einfach
blinden Menschen helfen.
Blinde Menschen bekommen schnell Hilfe,
weil viele sehende Menschen angemeldet sind.

Andere Internet-Seiten

 

Infos über die App

Name: Be My Eyes.
Das spricht man: bi maj ajs.

Für wen ist die App?

  • für sehende Menschen,
  • für Menschen mit Sehbehinderung
  • für blinde Menschen

Für welche Handys gibt es die App?
Für iPhones und für iPads.

Was kostet die App?
Die App ist kostenlos.

Wo gibt es die App?
Auf der Internet-Seite: www.bemyeyes.org

 

Die Texte sind von Lena Hoffmann und Domingos de Oliveira

(Redaktion )


Barrieren überwinden: Die sprechende Speisekarte

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Ein Mann sitzt mit einer Frau an einem Restaurant-Tisch, liest mit einem weißen Anybook-Stift die Speisekarte und bestellt bei der Kellnerin

Das Biermanski's lebt Barrierefreiheit in der Gastronomie vor. Wie? Neben der Standard-Speisekarte gibt es dort auch eine sprechende Speisekarte – und die kommt gut an. Es ist eines von vielen Förderprojekten zum Thema Barrierenabbau der Aktion Mensch, die den Alltag für Menschen mit und ohne Behinderung leichter machen.

Zu schnelle Kellner

Alle sitzen um den Restauranttisch. Der Kellner bringt die Speisekarte. Und damit hat die Gemütlichkeit ein Ende: Der Freund hat die Lesebrille vergessen, das Kind kennt erste Buchstaben, aber mit dem Lesen klappt's noch nicht und beim Schwiegervater klappt's nicht mehr. Bis sich alle im Restaurant ihre Gerichte ausgesucht haben, dauert es. Lange. Denn immer wieder heißt es: Kannst Du das nochmal vorlesen? Was steht da? Womit gab es das Schnitzel nochmal?

Zu schnell steht der Kellner schon wieder am Tisch und alle bestellen das Gewünschte. Fast alle. Man selbst nimmt das Erstbeste. Denn jetzt bestellen wir und alle haben Hunger.

Rettung naht

Doch Rettung naht für die genervten Restaurant-Besucher unter uns: die sprechende Speisekarte. Sie ist nichts anderes als ein Stift, der über die Buchstaben fährt und die Gerichte vorliest. Das ist nützlich für blinde Menschen, sinnvoll für Menschen mit einer geistigen Behinderung und zu 100 Prozent komfortabel für die gerade beschriebenen Zielgruppen.

Barrieren abbauen für mehr Selbstständigkeit

Bis jetzt haben nur sehr wenige Restaurants in Deutschland diesen Stift. Ausprobieren kann man ihn zum Beispiel im inklusiven Restaurant Biermanski's in Sickte-Neuerkerode. Um den barrierefreien Zugang weiter auszubauen, ist die Speisekarte mit Hilfe von einem AnybookReader hörbar gemacht worden. Neue Gerichte werden einfach auf dem Stift gespeichert. Ziel des Stifts ist die größtmögliche Selbstständigkeit der Gäste. Denn nicht nur blinde Hungrige haben nun die Möglichkeit, Burger und Currywurst zu ordern. Auch Menschen mit einer geistigen Behinderung entscheiden nun in Eigenregie aus den 15 Gerichten. Für neue Ideen des Kochs ist auch Platz: Saisonale Gerichte werden einfach aufgespielt.

Die Aktion Mensch hat das Projekt mit 5.000 Euro gefördert.

 

Ein Text von Ulrike Jansen

 

Linktipps:

Wie barrierefrei ist deine Stadt? Hier kannst du sie bewerten

Jede neue Idee kann uns näher bringen: Unsere neue Kampagne zeigt, was möglich ist

Mehr Infos zum Thema Barrierefreiheit bei der Aktion Mensch

Du hast tolle Projektideen für mehr Barrierefreiheit? Sieh dir unsere neuen Fördermöglichkeiten an

Zwischen Kinotreppen und lockeren Cafés: Barrierefreiheit in Bochum

Begegnung im Dunkeln: Ein Abend in der Unsicht-Bar in Hamburg

Bremen für alle: In der Hansestadt haben Studenten eine Stadttour für alle entwickelt

Kommunikation und Teilhabe durch Technik: Hilfsmittel zur barrierefreien Kommunikation für Menschen mit Behinderungen

(Redaktion )

In aller Freundschaft: So war's am Filmset

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FIlmszene: Eine junge Frau mit Down-Syndrom (Carina Kühne, rechts) und eine Mann in einem weißen Arztkittel reden miteinander.

Rund 5 Millionen Zuschauer sitzen wöchentlich vor dem Fernseher und schauen sich die neueste Folge der Arzt- und Krankenhausserie „In aller Freundschaft“ an. In der neuesten Folge spielt unsere Bloggerin Carina Kühne eine Episoden-Hauptrolle. Bei uns erzählt sie, welche Erfahrungen sie am Set gemacht hat

Ich habe „In aller Freundschaft“ immer gerne geschaut und mir auch gewünscht, mal eine Rolle in der Serie zu spielen. Dabei dachte ich daran, dass ich vielleicht als Praktikantin oder Schwesternschülerin in der Sachsenklinik mitmachen könnte. Als ich dann tatsächlich ein Rollenangebot bekam, konnte ich es kaum glauben.

Ich bin selbstständiger als die Film-Figur

Neugierig las ich das Drehbuch durch und  freute mich darüber, dass sich Manja, eine junge Frau mit Trisomie 21, recht normal verhalten darf. Sie spricht ganz normal und ist auch recht selbständig. Sie arbeitet als Bäckerin und nicht in einer Behindertenwerkstatt. Ich sollte eine junge Frau mit Down-Syndrom spielen, die schnell reagieren muss, als ihre Mutter am Steuer während der Autofahrt einen Schlaganfall bekommt.

Natürlich spiele ich die Manja nur und habe nicht so viel mit ihr gemeinsam. Ich bin sehr viel selbständiger und würde in manchen Situationen nicht so hilflos reagieren. Trotzdem gefiel mir die Rolle der Manja sehr und ich habe sie gerne gespielt. Sie reagiert teilweise wirklich sehr souverän. Ich finde, dass Manja in der Episode sehr viel realistischer dargestellt wird als die Darsteller in den meisten Filmen, in denen es um das Down-Syndrom geht.

Natürlich würde ich mir wünschen, mal eine ganz normale Rolle in einem Film zu spielen und nicht die Behinderte.

Zusammenarbeit mit der Regisseurin

Kurz vor den offiziellen Dreharbeiten reiste ich schon nach Leipzig, um die Regisseurin Frauke Thielecke kennen zu lernen und das Drehbuch mit ihr zu besprechen. Frauke gab mir Anweisungen, wie sie es gerne umsetzen wollte, und ich sagte ihr auch, was ich im Gegensatz zur Rolle als Mensch mit Down-Syndrom nicht so mache. In einer Szene sollte ich zum Beispiel während des Sprechens laut Drehbuch Schaukelbewegungen machen, das zu ändern, war kein Problem für sie. Die Chemie zwischen uns stimmte auf Anhieb.

Am Set wurde ich voll akzeptiert

Hauptsächlich spielte ich mit Bernhard Bettermann, Anja Nejarri, Karin Giegerich und Addas Ahmad. Wir hatten uns ja gerade erst kennen gelernt, aber es gab keine Berührungsängste.

Vor jedem Dreh haben wir uns zusammengesetzt und noch einmal besprochen, wie der Ablauf sein würde. Jeder konnte Vorschläge machen, und ich fühlte mich voll akzeptiert. Es gefiel mir, dass wir so gut harmonierten. Natürlich konnte ich viel lernen von den Erfahrungen der Schauspieler und der ganzen Crew. Ich hätte große Lust, mal wieder mitzuspielen.

Der Film

Nun bin ich auch schon sehr gespannt auf den Film. Ich würde mich freuen, viele Rückmeldungen zu bekommen. Leider werden Schauspielern mit Behinderung sonst nicht viele Rollen angeboten. Meist spielen in Filmen nicht behinderte Darsteller auch diese Rollen. Leider gibt es nur sehr wenig inklusive Filme. Ich wünsche mir, dass es viel mehr solche Filme gibt, in denen Schauspieler mit und ohne Behinderung zu sehen sind, ohne dass es um eine Behinderung geht.

In den meisten Filmen werden viele Klischees bedient. Vielleicht gehört das einfach dazu.

Trotzdem hoffe ich, dass es irgendwann selbstverständlich ist, dass auch Schauspieler mit Handicap dazugehören!

 

Linktipps:

Trailer von „In aller Freundschaft – Das Leben ist ein Wagnis“ mit Carina Kühne

Be My Baby – Meine erste Filmerfahrung: Carina Kühne bei den Dreharbeiten für einen besonderen Spielfilm

Mal anders betrachtet: Der Kurzfilm 46/47 wechselt die Perspektive – „normal“ ist, wer 47 Chromosomen hat

Mittendrin auf der Bühne: Im inklusiven Theaterstück „Es geht auch anders“ spielen Darsteller mit und ohne Down-Syndrom gemeinsam

Theater sind wir alle: In einem Stralsunder Theaterprojekt sind alle willkommen

Filmszene: Eine ältere Frau liegt in einem Krankenhausbett, eine jüngere Frau mit Down-Syndrom (Carina Kühne, links) sitzt an ihrer Seite auf der Bettkante. Die beiden sehen sich an.Filmszene: Ein ältere Frau liegt in einem Krankenhausbett, eine jüngere Frau mit Down-Syndrom (Caterina Kühne, links) sitzt auf dem Bettrand und schmiegt sich an sie. Zwei Ärzte stehen vor dem Bett und reden mit der Patientin.Filmszene: Ein junger Mann überreicht einer Patientin, die in einem Krankenhausbett liegt, ein Stück Torte. Im Hintergrund steht eine junge Frau mit Down-Syndrom.

(Carina Kühne)

Apps im Test - SiGame

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Video-Tutorial: So funktioniert die AppAuf einen Blick

Name: SiGame

Zielgruppe: Hörende, Gehörlose, Kinder und Erwachsene

Verfügbar für: Smartphones mit den Betriebssystemen iOS und Android

Kosten: Kostenloses Basispaket, weitere Sprachpakete kostenpflichtig hinzubuchbar

Link:www.sigame-app.com

 

Eine Grafik, auf der die Arme von vier Personen zusehen sind. Sie bedienen unterschiedliche mobile Geräte. Zu sehen ist ein Handy, ein Laptop, eine Computer-Maus und ein Tablet. In der Mitte des Bildes steht: Barrieren überwinden - Apps im Test

Ob im Alltag oder in der Freizeit, zuhause oder unterwegs, als Kommunikations- oder Bedienungshilfen – mit mobilen Anwendungen können Barrieren überwunden werden. In unserer Blogreihe „Barrieren überwinden – Apps im Test“ stellen wir jeden Monat eine App vor, die sich genau das zum Ziel setzt. Dieses Mal im Test: „SiGame“.

Was kann die App?

In verschiedenen Lernspielen vermittelt die „SiGame“-App Kenntnisse der Deutschen und Amerikanischen Gebärdensprache sowie der International Sign Language. Cathleen hat sich das Ganze mal genauer für uns angeschaut.

SiGame“ im Alltags-Test

Schon seit Längerem habe ich mir vorgenommen, meine Gebärdensprachkenntnisse wieder etwas aufzufrischen. Als mir eine Freundin von „SiGame" erzählt, habe ich sofort Lust, die App auszuprobieren.

Ich bin gleich überrascht, wie leicht ich mir die Gebärden mithilfe der Spiele merken kann. Eine Lernkurve zeigt mir meine Erfolge. Das finde ich super und es spornt mich an, dranzubleiben. Egal, ob in der S-Bahn oder an der Kasse im Supermarkt, die App habe ich nun immer dabei. Bedienen lässt sie sich intuitiv und die Avatare, die mir die Gebärden zu den jeweiligen Wörtern zeigen, sind wirklich charmant. Da die Geschwindigkeit der animierten Figuren nicht zu schnell ist, komme ich auf jeden Fall gut mit. Nach einer Woche habe ich die Gebärden aus dem Basispaket drauf und benutze sie sogar in Gesprächen mit Freunden.

Nun wäre der richtige Zeitpunkt, eines der zusätzlichen Sprachpakete zu kaufen – wenn es denn gehen würde. Leider ist diese Funktion momentan nicht verfügbar. Außerdem stürzt die App zwischendurch immer wieder ab. Auf Anfrage finde ich heraus, dass das Entwickler-Team wohl daran arbeitet, die technischen Probleme zu beheben.

Sehen Sie auch das Video zu diesem Beitrag

Fazit unserer App-Testerin

SiGame“ ist ein schöner Einstieg in die Gebärdensprache. Einen Sprachkurs ersetzt die App aber nicht – den habe ich mir jetzt für den Sommer gebucht.

 

Cathleen Bär hat die App für die Aktion Mensch getestet.

 

Linktipps:

Diesen Testbericht in Leichter Sprache lesen

Was ist Barrierefreiheit?

Du hast tolle Projektideen für mehr Barrierefreiheit? Sieh dir unsere neuen Fördermöglichkeiten an

Apps im Test (1) – Be My Eyes

Du möchtest dir weitere Video-Tutorials unserer Test-Reihe ansehen? Hier entlang.

 

Redaktionelle Betreuung und Videoproduktion: Lena Hoffmann

(Redaktion )

Technische Hilfsmittel für mehr Barrierefreiheit?

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Dennis im Rollstuhl und ein Junge mit einer Fernbedienung lassen eine Spielzeug-Drohne fliegen

Barrierefreiheit hat viele Seiten, ob es eine helfende Hand ist oder eine gebaute Rampe. Aber können auch technische Hilfsmittel Barrierefreiheit fördern oder sind das eher Spielereien mit nur kleinem Effekt?

Ich bin seit knapp elf Jahren Tetraplegiker (vom Hals abwärts gelähmt), nutze dadurch einen Elektrorollstuhl und brauche 24 Stunden am Tag jemanden an meiner Seite. Daher ist für mich jedes Stück Selbstständigkeit enorm wichtig. Doch Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit funktionieren nur, wenn Barrieren überwunden werden können.

Roboterarm = Armersatz?

Für mich ist die wichtigste Basis natürlich mein Rollstuhl, ohne den ich nichts unternehmen kann. Er ist nicht nur ein Hilfsmittel, nein, er ist mein Tor für ein soziales Leben, meine Freiheit, meine Beine – er ist ein Teil von mir. Zudem ermöglicht er mir überhaupt erst die Nutzung mancher Hilfsmittel. Beispielsweise funktioniert für mich die Bedienung eines Smartphones oder Tablets nur durch meinen Rollstuhl. So auch die Steuerung meines Roboterarms.

Durch meinen Roboterarm kann ich vieles, was ich sonst überhaupt nicht selbstständig könnte: etwas trinken, essen, etwas festhalten oder mich kratzen. Das gibt mir enorm viel Selbstständigkeit zurück! Doch er ersetzt keinesfalls eine Assistenz. Sollte ich mich mal verschlucken, kann mir der Arm nicht beim Husten helfen.

Standard-Hilfsmittel oder individuelle Lösungen?

Auf der Suche nach Hilfsmitteln lande ich zuerst oft beim Standard-Angebot. Manchmal lohnt es sich aber zu recherchieren. Bisher hatte ich zum Beispiel die in Deutschland von vielen genutzte „Standard“-Mundmaus für meinen Computer. Damit lässt sich der PC zwar sehr solide, aber stark eingeschränkt, mit nur zwei Klicks bedienen.

Im Internet habe ich dann den QuadStick gefunden, ein extra für hochgelähmte Menschen entwickelter Controller für PC und Konsolen. Er vereint PC-Maus, Spiele-Controller und einige andere Funktionen, die die PC-Bedienung deutlich erweitern und das Zocken ermöglichen. Auch das ist für mich Barrierefreiheit.

Die eingeschränkten Allzweck-Wunderwaffen: Apps

Dank Apps ist heutzutage schon vieles möglich, auch für mich. Ich kann beispielsweise bei der Arbeit ohne Begleitung den Aufzug bedienen, die Jalousien und das Licht steuern. Das Stichwort heißt hier Hausautomatisierung und ist technisch bereits standardisiert und überall einsetzbar. Viele Gebäude könnten damit ausgestattet werden, um eine selbstständige Bewegung im Haus zu ermöglichen. Insbesondere Bewegungsmelder an Türen sind kleine, aber äußerst effektive Hilfsmittel und schaffen mehr Barrierefreiheit.

Technische Entwicklungen und Apps helfen mir also, mein Leben so selbstständig wie möglich zu gestalten. Eine barrierefreie Umgebung ist allerdings die Grundvoraussetzung, um die Hilfsmittel nutzen zu können.

 

Linktipps:

Jede neue Idee kann uns näher bringen: Seht euch Dennis hier in unserem Video "Die neue Nähe" an

Technik als Motor der Inklusion? Interview mit Enno Park zum Thema „Technische Innovationen in den Lebenswissenschaften“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Neuartige Medien als Schlüssel zur Teilhabe: Neue Technik verändert den Schulalltag für Kinder mit und ohne Behinderung

Kommunikation und Teilhabe durch Technik: Der Verein Kommhelp entwickelt Hilfsmittel zur barrierefreien Kommunikation für Menschen mit Behinderung

Dennis Winkens im Rollstuhl in einem FilmstudioDennis und ein Mädchen lachen sich anDennis und Greta am Filmset, Greta macht lachend ein Victory-Zeichen mit der Hand

(Dennis Winkens )

Wie Barrierefreiheit meine Welt erweitert

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Ein junger Mann mit Langstock richtet sein Handy auf verschiedene Gegenstände, zwei Kinder schauen auf ein Tablet

Als blinder Mensch kann man viele Dinge nicht erkennen – das muss man aber auch nicht. Ich zeige meinen Alltag als Blinder: dort, wo Erkennen ganz anders funktioniert und Sprache die Welt erweitert.

Vom Blick in den Spiegel morgens bis zum Wiedersehen der Freunde am Abend – andere Menschen sehen ihre Welt in erster Linie, und damit unterscheidet sich diese von meiner. Meine Welt ist vor allem Sprache. Sprache, die mir Räume und aktuelle Gegebenheiten erschließt. Als barrierefreie Kommunikation kann die Sprache digital, in Braille oder menschlich sein. In jedem Fall ist Sprache die Brücke zur Welt und ermöglicht mir erst meine Bewegungsfreiheit.

Mit Kommunikationstechnik Barrieren überwinden

Im Alltag muss ich mich oft erinnern: Wenn mein Schlüssel zum Beispiel morgens nicht am gewohnten Platz liegt, dauert die Suche bei mir ein bisschen länger. Wenn ich deswegen meinen Bus verpasse, kann ich die Wartezeit heute produktiv nutzen, etwa um eine Besprechung vorzubereiten. Dafür brauche ich nur mein Smartphone und einen Knochenschallkopfhörer. Die Sprachausgabe liest mir die relevanten Dokumente vor, während ich dank der freien Ohren meine Umgebung nach wie vor wahrnehmen kann.  Auch Zugverspätungen und kurzfristige Gleiswechsel für Züge bekomme ich mit, seit das mobile Internet auch für mich wahrnehmbar gemacht wurde. Bevor es zum Beispiel den Verspätungsalarm der Deutschen Bahn gab, ist sowas meistens an mir vorbeigegangen. Neben einem großen Erinnerungsvermögen braucht es im blinden Alltag ein hohes Maß an strukturiertem Denken und Planungsfähigkeit. Dies alles hilft aber nicht, wenn die Welt einmal wieder größer ist als man selbst und sich das Leben spontan und wechselhaft zeigt. Genau hier ist die barrierefreie Kommunikation eine Brücke der Selbstbestimmung, es geht auch ohne fremde Hilfe für mich weiter. Ein gutes Gefühl und in der heutigen Zeit unverzichtbar.

Barrierefreiheit ist sehr individuell

Selbstbestimmung ist im Büro genauso wichtig. Meine Mitarbeiterinnen haben sich daran gewöhnt, dass ich mit Kopfhörern am PC arbeite, der Screenreader mir den Bildschirminhalt ausliest und ich Texte in mein Handy diktiere. Dabei bin ich eben so schnell wie die sehenden Kollegen, denn der Rechner ist mit individuell für mich angepasster Software ausgestattet. Kontakte, aktuellste Dokumentenversionen und unterschiedliche Programme sowie Textbausteine kann ich durch wenige Tastenkombinationen zusammenfügen und bearbeiten. Barrierefreiheit ist für mich sehr individuell und immer auch Selbstmanagement, das mir wirklich Spaß macht, wenn ich eine neue praktische Tastenkombination entdeckt habe.

Reden ist Gold

Barrierefreie Kommunikation ist aber nicht nur Technologie. Für uns Blinde gilt: Reden ist Gold, sonst wäre es noch schwerer, sich in der Welt zu orientieren. Technik ist wichtig, Kommunikation mit Menschen aber immer barrierefreier. Also, liebe Bahnfahrer, Passanten an Kreuzungen und Einkäufer in Supermärkten: Die meisten blinden und sehbehinderten Menschen sind sehr dankbar für eure Hilfe – eine kurze Ansprache und schon sind wir im Gespräch.

Barrierefreie Kommunikation ist der Schlüssel

Besonders gelungen ist barrierefreie Kommunikation immer dann, wenn sich Menschen und Technik verbinden. So bei der AppBe my Eyes, mein universeller 24 Stunden-Alltagshelfer. Über Video-Chat leihen mir Sehende auf der ganzen Welt ihre Augen und so werden Aufschriften auf Verpackungen oder Hausnummern sichtbar.

Egal, ob mir in meinem Alltag Apps wie Fußgänger-Navigationen, Geldscheinleser, Farberkenner oder Barcode-Reader helfen, oder ob durch Brailleschrift oder erhabene Beschriftungen oder Tastpläne Gebäude, Aufzüge und ganze Fußgängerzonen zugänglich werden, ob Leitsysteme und Blindenampeln den Verkehrsraum für mich erschließen: Immer ist die barrierefreie Kommunikation der Schlüssel. Es geht um das Ermöglichen von barrierefreier Kommunikation und um Informationen, die meine Welt erweitern und mir vieles von dem möglich machen, was vor 20 Jahren noch nicht möglich war.

Dabei gibt es immer noch zahlreiche Barrieren bei Dingen, die für Sehende selbstverständlich sind: Bankautomaten, auch von Blinden finanzierte öffentlich-rechtliche Medien, unzählbare Internetseiten öffentlicher Dienstleister sowie Universitätsbibliotheken sind Beispiele. Dabei gibt es hier bereits barrierefreie Lösungen für Kommunikations- und Informationsgestaltung. Warum setzen wir diese nicht einfach um?

Barrierefreiheit auch für Kommunikation denken

Mir geht es vor allem darum, Lösungen für Kommunikationsbarrieren aufzuzeigen. Denn nur so können auch immer mehr blinde, sehbehinderte und andere Menschen mit kommunikativen Einschränkungen sprachfähig werden – man denke an die Leichte Sprache oder die Gebärdensprache. Menschen mit Behinderung sind eine sehr heterogene Gruppe mit vielen unterschiedlichen Bedürfnissen. Barrierefreiheit ist viel mehr als Rampen und Toiletten. Fangen wir doch an, Barrierefreiheit auch für Kommunikation und Information zu denken.

 

Linktipps:

Jede neue Idee kann uns näher bringen: Im Video "Die neue Nähe" wird die App „Be My Eyes“ gezeigt

Mobile Innovationen: Interview mit Matthias Lindemann zum Thema „Technologieentwicklung und digitale Kommunikation“ beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“

Neuartige Medien als Schlüssel zur Teilhabe: Neue Technik verändert den Schulalltag für Kinder mit und ohne Behinderung

Kommunikation und Teilhabe durch Technik: Der Verein Kommhelp entwickelt Hilfsmittel zur barrierefreien Kommunikation für Menschen mit Behinderung

Technik für alle: eine Utopie? Wie eine Zukunft aussehen könnte, in der Technik von Menschen mit und ohne Sehbehinderung gleichermaßen genutzt würde

Ein kleiner Junge probiert im Filmstudio den Langstock eines jungen Mannes mit Sehbehinderung aus

(Michael Wahl)

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