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Inklusion erwünscht

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Cover des Glücksatlas der Deutschen Post

Schon der römische Philosoph Seneca wusste es: „Glücklich ist nicht, wer anderen so vorkommt, sondern wer sich selbst dafür hält." Die Deutsche Post ist der Frage nach der subjektiven Lebenszufriedenheit in ihrem Glücksatlas 2014 wissenschaftlich auf den Grund gegangen.

Wie zufrieden sind die Deutschen? Und welche Faktoren beeinflussen das Glück? Dafür hat das Unternehmen die Daten aus 12.000 Haushalten des sozio-ökonomischen Panels ausgewertet sowie zwei zusätzliche repräsentative Befragungen durchgeführt. Außerdem hat es in diesem Jahr gezielt auch nach der Lebenszufriedenheit von Menschen mit Behinderung und dem Stand der Inklusion im Land gefragt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Aus Sicht von Menschen mit Behinderung gibt es noch viel zu tun.

Insgesamt liegen die Bundesbürger innerhalb Europas auf der Skala von 0 -10 mit einem Wert von 7,0 auf einem der vorderen Plätze. Dänemark führt das Ranking mit 8,8 als zufriedenste Nation an. Schlusslicht auf Platz 30 ist Bulgarien mit einem Wert von 3,8.

Menschen mit einer schweren Behinderung sind in Deutschland um rund einen Skalenpunkt weniger zufrieden (6,1) als Menschen ohne Behinderung. Dabei ist aufschlussreich, dass jeder zweite (51%) von ihnen die Abhängigkeit von anderen als Beeinträchtigung angibt. Ein deutlicher Hinweis auf zu viele Barrieren im Alltag. Mangelhafte Zugänglichkeit von Gebäuden und Verkehrsmitteln, fehlende Informationen in Einfacher oder Leichter Sprache oder Untertiteln machen ein selbstbestimmtes Leben schwer bis unmöglich.

Bei der Lebenszufriedenheit in einzelnen Bereichen ergibt sich folgendes Bild: Bei den Themen Freizeit und Wohnung ist die Lebenszufriedenheit von Menschen mit Schwerbehinderung nur gering unter der von Menschen ohne Behinderung, die größten Abstände ergeben sich bei Arbeit, Haushaltseinkommen und – hier ist der Abstand am größten – bei der Gesundheit. Die Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend, denn die Arbeitslosenquote bei Menschen mit einer schweren Behinderung ist mit rund 14 Prozent rund doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe. Und dass es in Deutschland noch kein einkommensunabhängiges persönliches Budget gibt, dürfte deutlich auf die Zufriedenheit beim Thema Haushaltseinkommen gedrückt haben.

Kann Inklusion hier zu einer größeren Lebenszufriedenheit betragen? Zunächst ist festzuhalten, dass die Zustimmung zu einer inklusiven Gesellschaft in Deutschland riesengroß ist. 98 Prozent der Bundesbürger befürworten diese. Und auch die Zustimmung zum gemeinsamen Unterricht ist nicht so schlecht wie die sehr kontrovers geführte Debatte vermuten lassen könnte. Immerhin 64 Prozent aller Deutschen sind für die Schule für alle. Allerdings glaubt nur ein Drittel der Befragten daran, dass eine inklusive Gesellschaft auch umfänglich erreichbar ist. Und die Mehrheit geht davon aus, dass es noch länger als 20 Jahre dauern wird. Interessant ist: Zur Begründung wird hier nicht der Staat genannt, sondern das Desinteresse und der Egoismus der Einzelnen.

Nur zwölf Prozent der Deutschen geben an, „sehr häufig" Kontakt zu Menschen mit einer Behinderung zu haben. Nur selten kommt es im Alltag zu Begegnungen, zu Kontakten, zu Freundschaften. Das führt auch zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen mit Blick auf die Frage, wie sich die Situation von Menschen mit Behinderung in den vergangenen zehn Jahren verändert hat. Während 68 Prozent der Menschen ohne Behinderung meinen, dass die Situation sich generell verbessert habe, sind das bei den Menschen mit Behinderung nur 44 Prozent.

Schon viel erreicht. Noch viel mehr vor: So lautet das Motto zu 50 Jahren Aktion Mensch. Inklusion ist, das zeigt die breite wissenschaftliche Untersuchung der Deutschen Post, noch am Anfang. Der Glücksatlas zeigt aber auch, dass Inklusion die Zufriedenheitslücke, die nicht auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen ist, nahezu komplett schließen kann. Die Glücksforscher legen in ihrer Studie eine interessante neue Definition vor: „Inklusion ist dann gelungen, wenn der Grad der gesellschaftlichen Teilhabe zu keinen Unterschieden in der Lebenszufriedenheit von Menschen mit und ohne Behinderung führt."

Die Ergebnisse des Glücksatlas in ausführlicher Form sind abzurufen unter www.gluecksatlas.de. Dort liegt auch ein Podcast in Einfacher Sprache mit den Ergebnissen vor.

Linktipp:

"Inklusion macht glücklich" - Ein Beitrag von Armin v. Buttlar (Vorstand der Aktion Mensch) auf der Webseite der Deutschen Post DHL

(Sascha Decker)


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